Wanderung zum Eisbruggsee
Traumhafte Rundtour in den Zillertaler Alpen
Eigentlich bin ich ja nicht so der Tagestouren-Typ. Wie gut, dass in dem Wörtchen „eigentlich“ auch gleich die Ausnahme steckt. Denn, wenn ich diese Wanderung zum Eisbruggsee nicht gemacht hätte, wäre ich definitiv um eine traumhafte Tour ärmer. Zumal die Tour, die zum Warmlaufen vor unserer Sarntaler Alpenüberquerung von Brixen nach Meran diente, die ein oder andere eindrucksvolle Begegnung bot. Da waren Kühe, die sich in Trance kraulen ließen, schwarze Schafe und Wegmacher Waschtl, der Zeit für einen Plausch hatte. Na ja, und dann waren da noch traumhafte Aussichten in einer voller Herbststimmung steckenden Alpenlandschaft, tolle Bergwanderwege und eine urige Einkehr am Ende. Was braucht es mehr, um glücklich zu sein?
Die Eisbruggsee-Wanderung im Überblick
Womöglich ist die nachfolgende Einschätzung dieser Tour geprägt von meiner derzeit unglaublich großen Sehnsucht nach den Bergen. Was würde ich jetzt dafür geben, diese Wanderung in diesem Moment machen zu können? Fast alles, außer meiner Lotte. Zurück zu Thema: Diese Tour hat sich das Prädikat „nahezu perfekt“ definitiv verdient. Einzig ein kleiner Gipfel samt Gipfelkreuz fehlt, um sie perfekt zu machen, sonst passte hier aber wirklich alles!
- Länge: 17 km
- Aufstieg: 1200 hm
- Abstieg: 1200 hm
- Dauer: 5.30 h
- Höchster Punkt: Edelrauthütte 2545 m
Rundwanderung mit vielen Highlights
Als ich in Dun (1), ganz am Ende des Pfunderertals, aus dem Auto steige, schlägt mir sofort dieser markante, würzige Geruch des Waldes entgegen. Petrichor eben. Petri-was? Ihr wisst alle was ich meine, ganz sicher. Das hölzerne Wort umschreibt nämlich den typischen Geruch des Waldes nach einem Regenschauer. Dieser „Regenduft“ entsteht, weil bestimmte Pflanzen während Trockenperioden ein Öl absondern, das sich im Boden mit einem Stoff verbindet und das Produkt während des Regens freigesetzt wird. Dieses Aroma wehte mir also um die Nase und versetzt mich schlagartig ins Hier und Jetzt, so wie es nur die Natur kann.
Mein Atem kondensiert an der frischen Herbstluft, während ich die ersten Höhenmeter hinauf zur Bodenalm (2) auf einem Fahrweg steige. Es ist trüb und kalt. Aber ehe ich darüber nachdenken kann, ob ich heute wohl noch die Sonne sehe, entfliehe ich so langsam dem Hochnebel. Ist das nicht ein jedes Mal aufs Neue ein mächtiges Gefühl, wenn man über dem Nebel steht? An der ersten Weide der Bodenalm angekommen, rasen ein paar Kühe wie wild auf uns zu. Während ich, sicher auf der anderen Seite des Zauns stehend, denke, sie sind wegen Lotte neugierig, erkenne ich rasch, dass sie sich keine Bohne für meine vierbeinige Freundin interessieren. Ich bin das Ziel ihrer Begierde, denn ich kann Kraulen. Seit heute weiß ich: sogar Kühe in Trance.
Noch immer Laufen wir im Schatten der beeindruckenden Pfunderer Berge, jetzt aber auf einem schmalen Pfad kurvig nach oben. Irgendwo bimmelt es hektisch und schon hinter der nächsten Kehre mache ich den Ursprung des Geräusches aus. Eine Herde aufgescheuchter Schafe mit Schlappohren mustert uns leicht abschätzig. Mittendrin lugt ein schwarzer Kopf aus der schützenden weißen Menge. Weiter geht’s auf erstaunlich gut gepflegten Wegen stetig bergauf.
Trotz des kühlen Herbstwetters, wird mir langsam warm. Ich erkenne den Grund der guten Wege in gesprächiger Menschengestalt. Vor uns befindet sich Wegmacher Waschtl, der Stufen richtet, den schmalen Bergpfad vom Unkraut befreit und ausgewaschene Stellen begradigt. Ich bin froh über den kurzen Plausch, habe ich doch Gelegenheit Luft zu holen. Waschtl fragt in typischer Südtiroler Herzlichkeit, woher wir kommen, wohin wir gehen und wie uns Südtirol gefällt. Nun ja, wohl ganz gut, schließlich habe ich hier fast den ganzen Sommer verbracht, antworte ich und wir kommen vom Sentiero della Pace zum Ersten Weltkrieg und philosophieren darüber, wie toll es wäre 5 Rentenjahre vorzuziehen, um auf große Wanderschaft zu gehen.
Aber irgendwann wird es kalt und wir wärmen uns bei unserem Aufstieg zur Kröllhütte (3) und weiter hinauf zum Eisbruggsee wieder auf. Kurz vor der Kröllhütte entwischen wir endlich dem Schatten und genießen die schwach wärmende Herbstsonne vor bestem Bergpanorama. Herrlich wie diese frisch gezuckerten Gipfel sich vor dem blauen Himmel abzeichnen. Und das alles ganz für uns allein! Ok, für uns und Waschtl.
Doch noch ist der Anstieg an diesem Tag nicht geschafft. Noch einmal 200 Höhenmeter müssen wir bezwingen, bis wir endlich am Eisbruggsee (4) stehen. Von hier aus können wir auch die Edelrauthütte (5) am Eisbruggjoch erkennen, die wir rechter Hand am See vorbei erreichen. Sie hat geöffnet von Anfang Juni bis Anfang Oktober und wurde erst vor kurzem medienwirksam restauriert. Sie mutet futuristisch und traditionell zugleich an. Vor dem Umbau von der „Fiat 400“- zur „Ferrari“-Hütte, gab es viel Kritik. Nun ist die Hütte geprägt durch moderne Architektur mit Panoramafenstern und einer riesigen Photovoltaik Anlage auf dem Dach. Gewöhnungsbedürftig, aber deshalb schlecht? Schade, dass die Hütte schon geschlossen hat, aber sie ist ein Grund noch einmal wiederzukommen!
Auf gleichem Weg geht es zum Eisbruggsee zurück. Ab hier rutschen wir auf eisigem Blockwerk weiter. Es erfordert all unsere Konzentration, nicht auf Tuchfühlung mit den spitzen Steinen zu gehen. Aber wir kommen heil am nächsten Bergpfad an und steigen ein letztes Mal hinauf, nun schon mit knirschendem Schnee unter den Sohlen unserer Wanderschuhe. An der Valscharte (6) auf 2.409 Metern legen wir eine kurze Verschnaufpause ein. Also ich, Lotte mag lieber geworfenen Schneebällen hinterherjagen… .
Knapp 300 Höhenmeter tiefer lockt die von der Sonne gewärmte Hauswand der schon geschlossenen Valsalm (7) zum Verweilen. Trotz nur einstelliger Temperaturen ist es an dieser geschützten Stelle so warm, dass man sich wohl sogar einen Sonnenbrand holen könnte. Bei unserem finalen Abstieg von hier genießen wir inmitten eines perfekten Herbst-Berg-Panoramas sogar noch einen Blick auf die Wurmaulspitz, jenen 3000er den wir vor zwei Tagen erklommen haben. Wieder bei der Bodenalm (8) angekommen, belohnen wir uns mit einer deftigen Südtiroler Spezialität und einem Radler. Ein toller Ausklang einer ebensolchen Wanderung.
Wie gefällt dir diese Wanderung in den Zillertaler Alpen? Oder warst du gar selbst schon am Eisbruggsee? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
Kommentar zu “Wanderung zum Eisbruggsee”
Hallo Romy,
toller Beitrag und auch eine wunderschöne Gegend. Tagestouren mit dem Ausblick haben doch was für sich 😉
Danke und viele Grüße, Björn