Pfunderer Höhenweg in Südtirol
Einsamer Traum für erfahrene Bergwanderer*
Wer den Pfunderer Höhenweg von Sterzing nach Bruneck schafft, sollte sich anschließend selbst auf die Schulter klopfen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man nach fünf bis sechs Tagen sein Ziel erreicht. Ich hörte, dass jeder Zweite den Weg abbricht. Wer es jedoch schafft, wird von den traumhaften Eindrücken, die dieser unverfälschte, alpine und einsame Höhenweg zu bieten hat, absolut begeistert sein. Schroffe, hochalpine Landschaften wechseln sich mit sanften Grashängen voller bunter Almblumen ab. Still und anmutig liegen Bergseen natürlich in den Bergkesseln. Rauschende Gebirgsbäche glitzern wie Diamanten in der Sonne, während im nächsten Moment dicke Nebelschwaden die Bergriesen in ein schummriges Licht hüllen. Irgendwo pfeift immer ein Murmeltier.
Mich hat der Pfunderer Höhenweg ebenso begeistert wie gefordert. Körperlich genauso wie mental. Anfang Juli hatten wir mit labilen Wetterverhältnissen zu kämpfen, die mir ein ums andere Mal gezeigt haben, wie klein wir doch sind und wie schutzlos wir zwischen steil abfallenden Kluften und mächtigen 3000ern den Naturgewalten am Berg ausgesetzt sind. Nicht immer war es einfach, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber das, was dich etwas kostet, setzt eben auch euphorisierende Glücksgefühle frei, wenn du es gepackt hast. Und der Pfunderer Höhenweg kostet dich was: Sei es Überwindung und Mut, sei es schweren Herzens eine Ausweichroute zu wählen oder sich auf steinig-steilen Pfaden Höhenmeter für Höhenmeter nach oben zu kämpfen.
Doch die Wegführung des 70-Kilometer langen Höhenweges ist perfekt gewählt, um all die Anstrengungen vergessen zu machen. Nicht selten überschreitet man an einem Tag mehrere Pässe, die jedes Mal neue Bergpanoramen offenbaren, an denen man sich einfach nicht sattsehen kann. Es ist die Ursprünglichkeit zu der die alten Hirtensteige führen. So abgelegen und einsam, dass ich mich schon wunderte, wenn ich an einem Tag mehr als zwei andere Menschen sah. Nicht zuletzt darf man auf dem Pfunderer Höhenweg das ganze Spektrum der alpinen Übernachtungsmöglichkeiten kennenlernen: Urige Almen mit selbstgemachten Produkten, solide Berghütten, ein winziges Biwak oder die hochmoderne, neugebaute Edelrauthütte – alle sind sie auf diesem Weg wahre Zufluchten.
1. Überblick zum Pfunderer Höhenweg
2. Reisezeit & Anforderungen
3. Wandern mit Hund
4. Etappen & Highlights
5. Anreise & Planungshilfen
6. Unterkünfte am Pfunderer Höhenweg
Überblick zum Pfunderer Höhenweg
Kaum zu glauben, dass die Pfunderer Berge von den meisten Touristen auf dem Weg in die Dolomiten, ins Vinschgau oder in Richtung Gardasee einfach links liegen gelassen werden. Der Pfunderer Höhenweg verläuft im Südtiroler Teil der Zillertaler Alpen fast ausschließlich zwischen 2000 und 3000 Metern und gilt als schwerer Bergwanderweg. Er beginnt nur wenige Kilometer hinter dem Brenner Pass und führt in etwa 70 Kilometern von Sterzing nach St. Georgen bei Bruneck. Dabei gilt es etwa 5000 Höhenmeter jeweils im Auf- und Abstieg zu bewältigen. Die meisten Wanderer benötigen dafür zwischen fünf bis sechs Tage. Wir haben uns für die längere Variante mit Biwak-Übernachtung entschieden, um mit Hund flexibel an der Gaisscharte (Schlüsselstelle) zu sein und notfalls eine Umgehung einbauen zu können.
Ausgangspunkt | Endpunkt | Strecke | Aufstieg | Abstieg | Dauer | |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Sterzing-Bahnhof | Simile-Mahd-Alm | 16.2km | 1.400m | 310m | 5:30 |
2 | Simile-Mahd-Alm | Brixener Hütte | 10.8km | 880m | 610m | 4:00 |
3 | Brixener Hütte | Brenninger-Biwak | 11.1km | 910m | 1010m | 5:00 |
4 | Brenninger-Biwak | Edelrauthütte über Valscharte | 6.5km | 650m | 280m | 2:30 |
(4) | Brenninger-Biwak | Edelrauthütte über Gaisscharte | 5.2km | 640m | 260m | 3:00 |
5 | Edelrauthütte | Tiefrastenhütte | 14.6km | 760m | 960m | 5:30 |
6 | Tiefrastenhütte | St. Georgen | 19.7km | 710m | 2150m | 5:30 |
Hinweis: Aufgrund der Wettersituation sind wir bei der 4. Etappe nicht über die Gaisscharte gegangen, sondern über die Valscharte.
Download: GPX Pfunderer Höhenweg
Reisezeit & Anforderungen
Bergwanderer mit guter Kondition werden wohl eher nicht vor den Höhenmetern zurückschrecken. Vielmehr sind die Herausforderungen die schmalen, sehr steilen Pfade, die nicht selten über Blockwerk und leichte Kletterstellen führen, bei denen man die Hände braucht. Drei seilversicherte Passagen sind besonders hervorzuheben, da sie in abschüssigem Terrain verlaufen. Bei Etappe 3 hinter der Dannelscharte, bei Etappe 4 die Gaisscharte (senkrechter Abstieg über etwa 30 Meter, Eisentritte) und bei der 6. Etappe die Kletterei zum Sambock.
Definitiv bekommen die oft beschworenen Attribute „Schwindelfreiheit„, „Trittsicherheit“ und „Orientierungssinn“ auf dem Pfunderer Höhenweg ein Gesicht. Alle sind erforderlich. Vor allem in den hohen Lagen, früh in der Saison ist die Orientierung nicht immer einfach. Wenn Schneefelder die Markierungen überdecken, Nebel die Sicht einschränkt und manche Pfade schlicht überwachsen sind, muss man sich orientieren können. GPS ist definitiv empfehlenswert. Zudem verläuft fast der gesamte Pfunderer Höhenweg auf schmalen Pfaden, bei denen ein falscher Tritt fatale Folgen haben kann.
Grundsätzlich ist der Pfunderer Höhenweg von Juli bis September begehbar. Die beste Jahreszeit ist aber wohl eher August, wenn die meisten Schneefelder verschwunden sind und die Wetterlage etwas stabiler ist. Wir haben unsere Tour Anfang Juli absolviert und hatten durchaus mit Schnee und Wetter noch kämpfen.
Wandern mit Hund
Der limitierende Faktor bei Hüttenwanderungen mit Hund ist ja in der Regel die Unterkünftssituation. Beim Pfunderer Höhenweg kommen noch die technisch anspruchsvollen Passagen hinzu. Nur wer selbst absolut sicher ist und dabei noch seinen Hund sichern kann, sollte den Weg in Angriff nehmen. Dass der Hund selbst auch bergerfahren sein und über eine gute Kondition verfügen muss, versteht sich von selbst. Bei der Gaisscharte muss der Hund über mehrere Meter abgeseilt werden, das geht nur mit einem Kletterseil und einem für diesen Zweck ausgerichteten Klettergeschirr mit Beinschlaufen. Diese Stelle lässt sich jedoch auch umgehen. Mehr als eine Handvoll Hunde wird es wohl bisher nicht über die Gaisscharte geschafft haben.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist es eine wahre Freude seinen Hund mit auf Hüttentour zu nehmen. Meine Hundedame Lotte zumindest hatte mit ihren 11 Jahren eine wahre Freude an dem Weg. Die untenstehenden Übernachtungsmöglichkeiten erlauben alle das Mitführen von wohlerzogenen Hunden. Bei der Brixener Hütte und der Tiefrastenhütte weicht man auf den Winterraum aus. Bis auf die erste und die letzte Etappe sind Wasserstellen reichlich vorhanden. Achtung: Der Pfunderer Höhenweg durchquert viele, weitläufige Almwiesen mit Kuhherden. Vor allem mit Hund unbedingt die üblichen Regeln beim Queren einhalten. Bei uns war das Queren kein Problem. Hinweis: Bei der Brixener Hütte ist die Übernachtung mit Hund schwieriger geworden. Bitte beachten die Hinweise bei der Hütte am Ende des Artikels.
Etappen & Highlights
Also, machen wir uns auf den Pfunderer Höhenweg, einem der schönsten Wege, die ich je gemacht habe. Aber Achtung: Keine einzige Etappe fällt irgendwie ab, jede hat ihre Highlights und Herausforderungen: Durchatmen ist erst wieder in Bruneck angesagt.
Etappe 1: Von Sterzing zur Simile-Mahd-Alm
Ich muss zugeben, diese erste Etappe hat mich nach der Corona-bedingten Bergpause konditionell ziemlich nah an meine Grenzen gebracht. Diese 1400 Höhenmeter auf steilen Pfaden haben mich mächtig aus der Puste gebracht. Ok, für mich Flachländer war auch die Luft ein bisschen dünn. Aber da ich auf der anderen Seite die hohen Berge so vermisst habe, haben mich allein die Aussichten über diesen Tag getragen. Vor allem von den großen Zillertaler Gletschergipfel im Norden, konnte ich kaum den Blick abwenden.
Doch von vorn: Nachdem wir die Asphaltstrecke von Sterzing (1) nach Wiesen (2) hinter uns gebracht hatten, stiegen wir rasant auf. Nicht weil wir übermütig waren, sondern weil uns kleine stechende Mücken attackierten. Keine einzige Verschnaufpause ohne neue juckende Stiche. Der steile Waldweg führte uns schließlich kurz hinter dem Trenser-Joch-Biwak (3) in mückenfreies Gelände. Am Fuße des Höllenkragen (4), den man bei etwas besserer Kondition auch besteigen kann, führt ein kaum erkennbarer schmaler Pfad entlang. Doch das beeindruckendste auf dieser Etappe sind die unzähligen verschiedenen Blumen. Nicht selten finden sich hier auf einem Quadratmeter mehr als 30 verschiedene Arten. Wahnsinn.
Nach der Umrundung des Höllenkragens treffen wir auf den Petzkopf (5) mit Gipfelkreuz. Ab hier sind es noch etwa 200 steile Höhemeter hinab bis wir unser Ziel, die urige Simile-Mahd-Alm (6), müde erreichen.
Etappe 2 – von der Simile-Mahd-Alm zur Brixener Hütte
Gehen oder nicht gehen? Das war die Frage. Die Wetteraussichten waren nur mäßig, aber wir entschieden uns dafür früh zu starten und hofften, vor dem Gewitter an unserem Ziel sein zu können. Geklappt hat das leider nicht. Schweren Herzens ließen wir an diesem Tag vermutlich eines der besonderen Highlights des Weges aus, die Besteigung der 3132-Meter hohen Kreuzspitze. Wenn wir es jedoch gemacht hätten, wären wir vermutlich mitten auf dem Gipfel ins Gewitter gekommen, denn das kam zwei Stunden früher als gedacht.
Aber kein Problem, die Tour war auch so abenteuerlich genug. Von der Simile-Mahd-Alm (1) stiegen wir zunächst durch weiche Almlandschaft auf, ehe wir Bekanntschaft mit dem machten, was es in den Pfunderer Bergen am meisten gibt: Steine. Und dabei lag die Hälfte noch unter Schnee. Aber das ist alles schnell vergessen, wenn sich plötzlich wie aus dem Nichts der Wilder See (2) vor dir offenbart. Der tiefblaue Bergsee auf 2532 Metern ist wirklich beeindruckend schön.
Am Abzweig zur Wilden Kreuzspitz (3) zögern wir kurz, aber man soll ja sein Glück nicht überstrapazieren. Schon kurz darauf wissen wir, dass wir alles richtig gemacht haben: Nebel zieht auf, wir steigen durch Schneefelder, alles ist weiß und die Orientierung nicht immer leicht. Es beginnt auf unserem Weg zum Rauhtaljoch zu regnen. Als der Regen in bissigen Eishagel übergeht, bleibt uns nur, uns schützend über Lotte zu legen. Eisstücke donnern in irrer Geschwindigkeit auf eiskalte Waden. Aua. Ein Donnergrollen reißt uns schließlich aus der Lethargie. Über das Joch schaffen wir es nicht mehr, also wieder runter und im Biwaksack bibbernd das Gewitter vorüberziehen lassen. Muss man nicht haben. Als wir uns in Sicherheit wägen, wagen wir uns erneut an das Rauhtaljoch (4). Aber trotz einiger steiler Höhenmeter wird uns erst im ordentlich beheiztem Winterraum der Brixener Hütte wieder warm.
Auf der anderen Seite des Jochs erwartet uns die doppelte Portion kaltes Weiß. Die ganze Rinne liegt voll mit Schnee. Es dauert nicht lang und da rutsche ich aus und lege flott – kichernd, weil nicht gefährlich – 50 Höhenmeter zurück. Das ist unsere Abstiegsmethode der Wahl, was ein Spaß! Schließlich sind wir eh schon nass. Als ich dann noch halb rutschend vor mir die 3022 Meter-hohe Wurmaulspitz sehe, auf der ich im letzten Herbst stand, bin ich völlig hin und weg. Zumal die Brixener Hütte (5) schon in Sichtweite ist.
Etappe 3 – von Brixener Hütte zum Brenninger-Biwak
Als wir unsere Wanderschuhe an diesem Tag schnüren, sausen parallel dicke Wolkenschwaden aus dem Tal hinauf zur einsamen Brixener Hütte (1). Etwas, was uns noch den halben Tag begleiten wird. Fast im Minuten-Takt wechseln sich Nebelbänke und feine Aussichten ab. Logisch, dass es erst mal steil und alpin hinauf geht auf das erste Joch, die Steinkarscharte (2). Doch der Abstieg ist mindestens genauso fordernd. Ein dickes, leider ziemlich steiles Altschneefeld will vorsichtig abgestiegen werden. Zudem haben Schneelawinen den späteren Weg zerstört, der nur noch aus losem Schutt besteht.
Aber wie so oft auf dem Pfunderer Höhenweg folgt auf einen kargen Abschnitt ein grünes Meer von saftigen Almwiesen. Diese präsentieren sich uns auf so sanft geschwungenen Hängen, dass man meinen könnte, wir seien im Auenland gelandet. Den nächsten Anstieg schon vor Augen passieren wir weitläufige Wiesen und steigen Meter für Meter wieder hinauf bis wir die Kellerscharte (3) erreichen. Von weitem winkt uns ein einsamer anderer Wanderer zu – es wird der einzige an diesem Tag bleiben.
Auch von der Kellerscharte scheint die nächste Scharte nur einen Katzensprung entfernt. Tja, wenn da nicht ein tiefes Tal unter uns läge. Im großen Bogen steigen wir ab und später wieder auf. Das Gelände wird schon auf dem Weg zur Dannelscharte (4) etwas anspruchsvoller. Wir queren Fluss um Fluss und steigen schließlich über Blockwerk auf. Lustig dreinblickende Schafe schauen uns dabei verdutzt zu.
Die letzten Höhenmeter an diesem Tag geschafft zu haben, sorgt für Erleichterung. Hält aber nicht lang. Denn einerseits will sich das Brenninger-Biwak (5) einfach nicht zeigen und dann war doch da noch was mit einer Seilversicherung. Hatten wir irgendwie verdrängt. So ohne Vorwarnung schnellt der Puls an ziemlich ausgesetzten Stellen mächtig nach oben. Doch beim späteren zähen Abstieg zum Biwak, bleibt genügend Zeit, dass er sich wieder beruhigt. Was für eine Freude am Biwak anzukommen!
Etappe 4 – vom Brenninger-Biwak zur Edelrauthütte
Wir schlafen hervorragend im winzigen Brenniger-Biwak (1), wenn auch viel zu kurz. Wieder so ein Tag mit unbeständigem Wetter. Bis 8 Uhr Nebel, ab 10 Uhr Gewitter ist angekündigt – ein schmales Zeitfenster. An der Gaisscharte bei Nebel? Besser nicht. Bei Gewitter? Besser nicht. Bei beidem? Auf gar keinen Fall. Auch wenn ich mich sehr auf diese anspruchsvolle Passage gefreut und mit Lotte zu Hause extra das Abseilen geübt hatte, heute würde nicht der richtige Tag dafür sein. Also stiegen wir auf kaum erkennbaren Pfaden vom Biwak hinab und später auf breitem Forstweg zur Valsalm (2) wieder auf. 200 steile Höhenmeter später haben wir die Valscharte (3) erreicht.
Ein feiner Hangweg führt uns in Richtung Eisbruggsee (4), der sich erst scheu, später in voller Pracht zeigt. Es ist nicht einmal 10 Uhr als wir auch die Blockwerk-Kletterei gemeistert haben und am Ufer des traumhaften Natursees sitzen. Neben uns lassen sich zwei Fischer von den Wettervorhersagen nicht aus der Ruhe bringen. Wolken flutschen über den See, in dem sich schon die Edelrauthütte spiegelt. Zeit für Genuss. Eine ganze Stunde sitzen wir hier nur so rum, ehe wir uns an den etwa 40-minütigen Aufstieg zur Edelrauthütte (5) machen.
Etappe 5 – von der Edelrauthütte zur Tiefrastenhütte
Ausschlafen? Nicht auf dem Pfunderer Höhenweg. Erneut müssen wir uns wegen des Wetters sputen. Aber es scheint etwas stabiler zu sein, als am Vortag. Als wir im milden Licht der aufgehenden Sonne die Edelrauthütte (1) verlassen, zeigen sich nur blasse Wölckchen am Himmel. Lotte schmeißt sich direkt ins erste Schneefeld und rutscht die ersten Höhenmeter halb wälzend hinab. Was für eine Freude ihr dabei zu zuschauen. Wir erreichen recht flott die urige Eisbruggalm/Kröllhütte (2, Einkehr), und passieren wieder einmal weitläufige Almwiesen. Der Aufstieg zur Kuhscharte (3) ist kurz und knackig und oben überrascht uns ein zwar teilweise wolkenverhangener, aber dennoch toller Ausblick auf Geislerspitzen, Langkofel & Co.
Über grüne Wiesenhänge mit saftigen Blumen geht es immer schön Kilometer für Kilometer seicht auf und ab. Ständig wechselt hier die Perspektive. Wie gern hätten wir an der urigen Gampishütte (4, Einkehr) aus deren Schornstein so verlockend Rauch aufstieg, ein Mittagspäuschen gemacht. Doch dicke Wolken hingen mahnend am Himmel und 400 Höhenmeter im Auf- und fast ebenso viele im Abstieg lagen noch vor uns.
Begleitet vom Pfeifen der Murmeltiere quälten wir uns mit knurrenden Mägen zum Passenjoch (5) und dann die letzten 150 Höhenmeter durch ein steiles Schneefeld und eine Rinne hinauf zur Hochsägescharte (6). Zwar hingen die ganz großen Zillertaler Bergriesen in den Wolken, aber imposant war es dennoch. Zu unseren Füßen lag der Goldsee und der Passensee, auf der anderen Seite unser Ziel, die Tiefrastenhütte (7) mit ihrem gleichnamigen See. Wie der Kaiserschmarrn um 14:00 geschmeckt hat? Mhhhhh… .
Etappe 6 – von der Tiefrastenhütte nach St. Georgen
Ein grollender Donner, der durch Mark und Bein zieht, weckt mich aus dem eben erst gefundenen Schlaf. Kurz darauf folgt das laute Fluchen des Hüttenwirts der Tiefrastenhütte (1). Die Elektrik… . Einen warmen Kaffee bekam ich am nächsten Morgen aber trotzdem. Irgendwie hat er’s repariert. Als wir von der Hütte starten, gesellt sich der Almwirt der Hofalm zu uns, der seit 5 Uhr auf den Beinen ist, um zu schauen ob seine Kühe, Schafe und Ziegen das Gewitter unbeschadet überstanden haben. Wir plaudern über dies und das. Warum er keinen Hund hat, dass er sich eine Drohne zulegen will, mit der er Zäune kontrollieren kann, und dass er im Winter oft in Deutschland auf Weihnachtsmärkten unterwegs ist. Nebenbei wabern Wolken im Tal, wir durchwandern ein Meer aus Alpenrosen und steigen schon wieder gemütlich auf.
Kilometer für Kilometer wandern wir durch das Almgelände der Hofalm (2), nun schon in der Sonne. Während um uns herum dicke Wolken hängen, wird uns das blaue Wolkenloch fast den ganzen Tag begleiten. Irgendwie haben wir uns das auch verdient. Nachdem wir das Gelände der Hofalm verlassen haben, widmen wir uns der aussichtsreichen Kammwanderung, bei der wir noch ganz nebenbei fünf 2000er-Gipfel erklimmen.
Im leichten Übermut der Gewissheit, dass wir den Pfunderer Höhenweg schaffen werden, albern wir schon herum: „Also unter fünf Gipfeln am Tag, machen wir’s nicht mehr.“ Es ist fast ein bisschen so, als wolle uns der Weg beweisen, dass er auch Gipfel kann. Denn bis auf die ausgelassene Wilde Kreuzspitze, gab es bisher keinen nennenswerten. So spektakulär diese Kammwanderung ist, das ständige Auf- und Ab macht die Beine mächtig müde. Denn nicht nur die fünf Hauptgipfel Zwölferspitz (3), 2351 m, Putzenhöhe (4), 2438 m, Bärentalerspitze (5), 2450 m, Plattnerspitz (6), 2439 m und Sambock (7), 2396 m, wollen erklommen werden, sondern auch mindestens so viele kleinere Vorgipfel. Das stete Auf- und Ab wird vom ständigen Bimmeln der unterhalb stationierten Kuhherden wohlig untermalt.
Die Aussichten wechseln sich auf dieser letzten Etappe kaum ab, werden aber dennoch nicht langweilig. Links die großen Gletscherberge, rechts das Pustertal und dahinter die Dolomiten. Mei, hier könnt’s ewig wandern. Doch das Wandern geht noch einmal kurz vorm letzten Gipfel, dem Sambock ins Bergsteigen über. Kraxelei an ausgesetzten Stellen. Mit dem Hund unterm Arm (ok, bisschen übertrieben), die Hand an der Versicherung und den Schweißperlen im Gesicht meistern wir aber auch diese letzte technische Herausforderung. Im Anschluss geht’s „nur“ noch bergab, ganze 1.600 Höhenmeter am Stück. Was für eine Freude für die Füße und Knie in St. Georgen (8) anzukommen.
Anreise & Planungshilfen
Wer den Pfunderer Höhenweg wandern will, kann ihn bequem mit dem Zug erreichen. Von München bis Sterzing, dem Ausgangspunkt der Tour, geht’s via Direktverbindung. In St. Georgen endet der Höhenweg direkt an der Bushaltestelle nach Bruneck, von dort geht’s nach Franzensfeste mit dem Zug. Ab hier mit Zwischenstopp in Sterzing gelangt man nach München. Einfacher geht’s selten. Wer mit dem Auto anreist: In Sterzing gibt es direkt neben dem Bahnhof einen großen, kostenfreien Parkplatz.
Einen speziellen Wanderführer gibt es für den Pfunderer Höhenweg nicht. Er wird aber in Südtirol Ost: Eisacktal – Pustertal – Dolomiten. 53 Touren zwischen Sterzing und Sexten – mit Pfunderer Höhenweg mitbehandelt. Ich hatte das Buch jedoch nicht zur Hand. Der Pfunderer Höhenweg ist recht gut beschildert, wenn auch nicht 100-prozentig verlaufssicher. GPS-Navigation ist daher empfehlenswert.
Eine richtige Wanderkarte ist dennoch unverzichtbar, allein um die versicherten Passagen und Ausweichrouten schnell zu finden. Fast den kompletten Weg deckt die KOMPASS Wanderkarte Pfunderer Berge, 1:25000 ab. Ein Stück der ersten Etappe fehlt darauf, dies kann man mit der KOMPASS Wanderkarte Sterzing und Umgebung 1:25000 ergänzen.
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Ich habe die Touren mit komoot getrackt und damit navigiert. Das hat ausnahmslos zuverlässig funktioniert. Die Touren sowie mein „Erlebnistagebuch“ könnt ihr auf meinem Profil finden: Collection Pfunderer Höhenweg
Unterkünfte am Pfunderer Höhenweg
Es ist immer ein tolles Gefühl am Ende der Tour eine gut geführte Hütte zu erreichen. Auf dem Pfunderer Höhenweg ist dieses noch einmal intensiver. Umso schöner, dass es sich nicht nur um gut geführte Hütten handelt, sondern jede für sich besonders ist. Die Mitnahme eines wohlerzogenen Hundes ist auf allen Hütten gestattet.
Update 2023
Die Simile-Mahd-Alm steht zur Zeit nicht als erster Etappenstützpunkt am Pfunderer Höhenweg zur Verfügung. Sie ist derzeit und ggfls. auch länger geschlossen. Mögliche Varianten, um den 2. Etappenstützpunkt (Brixner Hütte) zu erreichen:
- Aufstieg aus dem Pfitscher Tal: Burgum (Bus, Linie 311) – Sterzinger Hütte (KEIN Stützpunkt) – Sandjöchl – Brixner Hütte (Weg Nr. 2, 2B, 17) – 10 km / 1480 hm Aufstieg / 570 hm Abstieg / 5 h
- Aufstieg aus dem Valser Tal (Mühlbach): Fane Alm Parkplatz (Shuttlebus von Vals (Bus, Linie 412)) – Fane Alm – Aschila Alm – Wilder See – Rauhtaljoch – Brixner Hütte (Weg Nr. 9, 9B, 18A, 18B, 18, 17B) – 10,4 km / 1130 hm Aufstieg / 560 hm Abstieg / 4.45 h
- Original Pfunderer Höhenweg ohne 1. Etappenstopp: Wiesen (Bus, Linie 311) – Trenser Joch – Senges Jöchl – Rauhtaljoch – Brixner Hütte (sehr anspruchsvoll da sehr lang!) – 21,4 km / 2250 hm Aufstieg / 920 hm Abstieg / 10 h
Simile-Mahd-Alm:
So muss eine Alm sein! Tolle Almwirte, immer bereit über die Almwirtschaft zu plaudern. Hier kann man live miterleben wie leckerer Almkäse zubereitet wird. Absolutes Highlight: Sich am Abend eine kleine Kostprobe des Selbstgemachten zusammenstellen zu lassen. Butter & Käse von den Kühen, Schinken von den Schweinen und Kaminwurz aus heimischer Gämse. Tel: 0039 0472/647162
Brixener Hütte:
Einsam eingerahmt zwischen Wurmaulspitz und Wilder Kreuzspitze mit traumhaftem Dolomitenpanorama. Eine tolle Lage, solides Essen, aber leider derzeit nach Pächterwechsel schwieriger mit Hund. Dieser kann nur noch nach vorheriger Absprache und nach Möglichkeit untergebracht werden. Gut sind z.B. die Randzeiten der Saison (Juni oder September/Anfang Oktober)
. Tel: 0039 0472/647162
Walter-Brenniger-Biwak:
Winzig, kuschelig und herausragend ausgestattet. Was von Weitem nur wie ein Steinhaufen aussieht, ist ein liebevoll gepflegtes Biwak. Matratzen, Decken, Gaskocher, Geschirr und alles, was man sonst so braucht ist vorhanden. Platz für 8 Personen, Wasser in der Nähe. Perfekt! Bitte sauber hinterlassen!
Edelrauthütte:
Autark, hochmodern und trotzdem gemütlich. Der vor fünf Jahren neugebauten Hütte gelingt der Spagat zwischen Tradition und Moderne. Hier sitzt man in der Stube, eingerahmt von Panorama-Fenstern und beobachtet das wilde Wettergeschehen draußen. Traumhaft. Zur Edelrauthütte.
Tiefrastenhütte:
An der Lage ist nichts auszusetzen, am Rest auch nicht! Die Übernachtung im Winterraum war komfortabel, das Essen absolut hervorragend. Aber Achtung: die Portionen sind für Riesen gemacht. i-Tüpfelchen ist der Hüttenwirt, der selbst bei labilen Wetterverhältnissen Recht behält mit seinen Vorhersagen. Zur Tiefrastenhütte
*Offenlegung: Dieser Bericht ist in Zusammenarbeit mit der Ski- & Almenregion Gitschberg Jochtal entstanden. Meine Meinung, Ansichten und Tipps bleiben davon unbeeinflusst, der Tourismusverband hat keinerlei Vorgaben zur Berichterstattung gemacht.
5 Kommentare zu “Pfunderer Höhenweg in Südtirol”
Ein toller Bericht. Vor allem die Lotte hat es wieder mal geschafft. Der Weg wuerde mich auch interessieren, muesste meinen Hund aber haeufiger an die Leine nehmen da meine Hundedame seit Anfang des Jahres nur noch ein Auge hat und an steilen Passagen nicht mehr sooo trittsicher ist. Aber wir machen was wir koennen. Deine Fotos sind so eindrucksvol, Romy. Gibt es davon auch wieder ein Filmchen auf You Tube?
Hey Thomas,
ja, die Lotte ist ein Phänomen und kaum sind wir zu Hause, wir dsie mürrisch. Gut, dass es bald wieder los geht. Es gibt Wege, da hast du genug zu tun, dass du sie schaffst. So einer ist der Pfunderer Höhenweg. Fotos habe ich gemacht, für Videos hat’s dann leider nicht mehr gereicht, daher gibt es das dieses Mal nicht.
Danke fürs „Folgen“, Thomas und alles Gute
Romy
Hallo Romy, da hätten wir uns beinahe getroffen. Wir haben den Pfunderer Höhenweg vom 11. – 17. Juli gemacht. Die angegebenen Zeiten haben wir bei weitem überschritten und sind selbst nicht sehr langsam. Der Weg vom Biwack zur Edelrauthütte ist definitiv nur für sehr trittsichere Hunde geeignet, die ihren Weg selbststständig suchen müssen. Da geht gar keine Leine. Außerdem muss man in der Lage sein, seinen Hund hochzuheben, da der Spalt an der Geisscharte nur einen Fußbreit breit ist. Vielleicht ist Deine Alternative die bessere. Wir hatten Glück mit dem Wetter. Wir waren immer schon auf der Hütte, als es anfing zu regnen. LG Kerstin
Hey Kerstin, danke dir für dein Feedback. Wäre lustig gewesen, sich zu treffen. Bei den Zeiten: es sind wirklich nur die reinen Gehzeiten. Habt ihr ein Seil gebraucht, an der Gaisscharte oder hat euer Hund das allein geschafft? Liebe Grüße!
Hallo Romy. Die Gaisscharte schafft kein Hund allein. Der Spalt ist nur so breit wie ein Fuß. Am Anfang muss man den Hund hochhebn, damit er überhaupt durch die Scharte kommt. Ca. auf Brusthöhe. Dort wird es etwas breiter. Wir hatten ein Sicherheitsgeschirr am Hund und haben sie uns immer „überreicht“, wenn wir sicher standen und uns mit einer Hand festhalten konnten. Unser Hund macht ad gut mit und hält ruhig. Sie wiegt auch „nur “ 14 kg. Abseilen ginge auch, wenn es der Hund mitmacht. Außerdem läuft Weg vom Biwak bis zur Edelrauthütte nur über Stein- und Felsblöcke. Da ist es nicht möglich, den Hund an der Leine zu führen. Der muss seinen Weg allein finden und möglichst nicht in eine Spalte stürzen. Wer sich und seinem Hund das nicht zutraut, sollte Deinen Weg laufen. Die Edelrauthütte und ihr Team sind allerdings Spitze. DAS sollte man nicht verpassen.