Von Braunlage zum Brocken – Winterwandern im Harz
Wurmberg und Brocken an einem Tag
- Ausgangs- und Endpunkt: Parkplatz Wurmseilbahn in Braunlage
- Aufstieg: 970 m
- Abstieg: 970 m
- Länge: 30,3 km
- Dauer: 6:00 h
- Stempelstellen: HWN 18 / 168 / 136 / 9 / 156
Winterwandern im Harz – warum denn nicht?
Frührer mottete ich meine Wanderstiefel irgendwann im November ein und holte sie frühestens im März wieder raus. Seit etwa drei Jahren jedoch habe ich eine besondere Vorliebe entwickelt, auch im Winter durch die Natur zu streifen. Das hat einen ganz banalen Grund: es ist wunderschön! Wenn der frische Schnee unter den Wanderschuhen knirscht, alle unliebsamen Geräusche der Zivilisitation verschluckt und kaum ein Mensch sich auf die Wanderwege verirrt, fühle ich mich der Natur noch näher als sonst. Und während ich im Sommer manchmal nicht so recht mit dem von (zuweilen toten) Fichten und Tannen vollgestopften Oberharz warm werde, liebe ich ihn im Winter abgöttisch. Dann kommt die Abenteuerlust in mir so richtig auf ihre Kosten.
Der Schnee kann natürlich im Winter im Harz auch gewaltig sein, aber er ist im Gegensatz zum niedersächsischen Flachland zumindest ein zuverlässiger Gast. Die überschneiten Wege erhalten für mich dann den Anspruch, den ich im Sommer oftmals vermisse. Schnee macht nämlich auch aus einfachen mitunter anstregende Wege. Natürlich muss zu Hause der innere Schweinehund erst einmal besiegt werden, aber enttäuscht hat mich der Harz im Winter noch nie. Und eines kann ich mit Sicherheit sagen: Kalt war mir während meiner bisherigen Winterwanderungen nicht. Außer vielleicht oben auf dem Brocken. Aber das ist Sommer wie Winter immer gleich.
Auf dem Harzer Grenzweg zum Brocken
So packte mich an einem Tag mitten im Dezember die Lust auf Schnee und das Gefühl, mich richtig auspowern zu müssen. Ich rang zu Hause noch kurz und intensiv mit dem Schweinhund, behielt aber die Oberhand. Ich ließ ihn schmollend zu Hause und packte stattdessen das Gegenstück in mein Auto: Wanderhund Lotte. Als ich eben diese in Braunlage an der Wurmbergbahn (1) aus dem Auto ließ, schaute sie gleichermaßen verwirrt wie fröhlich auf die weiße Pracht, die uns schon am Fuße des höchsten Berges Niedersachsens erwartete. Sie stürzte sich ins kühle Weiß, tollte wie verrückt herum und war so fröhlich, dass sie allen uns entgegenkommenden Leuten ein breites Lächeln ins Gesicht zauberte.
Meine Ziele für diesen winterlichen Tag im Harz sind ebenso ambitioniert wie für mich persönlich bedeutend. Eine stramme Runde mit 30 Kilometer sollte mich zu den beiden höchsten Gipfeln des Harzes führen: Zum Brocken (1.141m), höchster Berg von Sachsen-Anhalt – meiner alten Heimat – und zum Wurmberg (971m), höchster Gipfel von Niedersachsen – meiner jetzigen Heimat. Dazu bog ich auf die Südvariante des Harzer Hexenstiegs ein und erreichte rasch das, was eben auch zu meiner Geschichte gehört: den Harzer Grenzweg, die ehemalige innerdeutsche Grenze zwischen BRD und DDR. Ich passiere den Gedenkstein der Grenzöffnung (2) wie immer nachdenklich, ergriffen und froh darüber, dass ich hier einfach langgehen darf.
Auf dem typischen Kolonnen-Grenzweg – der mit Schnee allerdings um einiges schöner zu gehen ist, als im Sommer – erreiche ich zunächst die erste Stempelstelle Kaffeehorst (3, HWN 18) und kurz darauf im tiefverschneiten Wald erst den kleinen, dann den großen Winterberg (4). Der Erinnungsweg führt mich zum Dreieckigen Pfahl (5, HWN 168). Hier biege ich auf einen kleinen Verbindungsweg zum Eckersprung (6, HWN 136) und laufe auf dem Goetheweg schließlich bis zum Brocken (7, HWN 9). Dass ich dabei keine Sicht habe, stört mich nur bedingt. Denn die Luft ist kalt und klar und wie aus dem Nichts taucht dann auch noch dampfend die Brockenbahn als einziger Farbklecks aus der Schwarz-Weiß-Landschaft auf.
Zum höchsten Berg Niedersachsens
Ich gebe zu, viel Zeit kann ich an diesem Tag dort oben im Freien nicht verbringen. Die von dicken Eiskristallen total überfroren Laternen auf dem Brocken zeigen eindrücklich, was passiert, wenn man hier oben zu lange doof herumsteht. Lotte und ich drehen eine ganz rasche Runde auf dem Brockenplateau und selbst das reicht, um unsere Wimpern in ein hübsches Weiß zu färben. Wir suchen beim Brockenwirt unterschlupf und wie jedes Mal fühlte ich mich schlagartig in meine Kindheit versetzt. Die Nudeln mit Tomatensoße und Wurststückchen schmecken haargenau wie in der Küchenmensa meiner Grundschule! Kann man machen, muss man aber nicht.
Wir laufen anschließend auf gleichem Weg wieder zum Dreieckigen Pfahl zurück, schagen von hier aber den Weg zum Wurmberg ein. Wer nun denkt, dass es auf dem knapp 200 Meter kleineren, zweithöchsten Berg des Harzes gemütlicher ist, der irrt gewaltig, denn im Laufe des Tages zieht es sich so richtig zu. Mit Sichweiten unter zehn Metern und kaltem Winterwind kämpfe ich mich auf den höchsten Punkt Niedersachsens. Meine Wangen sind von der Kälte gerötet, kalter Eisgries weht mir ins Gesicht. Sogar ein bissschen Gewalt muss ich anwenden, um den Stempelkasten auf dem Wurmberg (8, HWN 156) aufzubekommen.
Beim Abstieg habe ich Glück, denn der Skibetrieb am Wurmberg ist noch nicht gestartet, so dass ich meinen Rückweg rasch über die steile Skipiste antrete. Ich ärgere mich noch heute, dass ich keinen kleinen Schlitten – ich führe sonst im Winter so eine kleine Plastik-Flitzer-Schale für den Po mit – dabei hatte. Das wäre ein Spaß gewesen! Aber auch so legen wir die Strecke rasch und ganz allein auf breiter Flur zurück bis zum Parkplatz der Wurmbergbahn (9). Wie so oft sitze ich anschließend im warmen zu Hause und erzähle dem Schweinehund freudig und total zufrienden vom Winterwandern im Harz. Er schrumpft kurzerhand um die Hälfte. Aber ich weiß, morgen wird er wieder zu seiner Normalgröße angewachsen sein.
Das war unsere Winterwanderung
Download: GPX Brocken und Wurmberg von Braunlage
Übersicht Stempelstellen Harzer Wanderdnadel