Via dei Monti Lariani
8 Tage hoch über dem Comer See
Die Via dei Monti Lariani wird einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Nicht, weil sie mir spektakuläre Gipfelmomente beschert, nicht, weil sie mich besonders gefordert und auch nicht, weil sie mich durch die unberührtesten Landschaften der Alpen geführt hat, sondern weil die Summe der Details mir ein unvergessliches Erlebnis verschafft haben. Der Weg verkörpert das, was ich mir von einer gelungenen Mehrtagestour wünsche: Man nehme eine Prise Schnitzeljagd für Erwachsene, viele Duzend niedliche Bergziegen sowie fantastisches italienisches Essen und verziere es mit ein bisschen Sonne, Aussicht und italienischer Gastfreundschaft. Fertig ist meine Liebeserklärung an die Lombardei im Allgemeinen und an den Via dei Monti Lariani im Speziellen. Nach fünf Tagen hatte ich mir bei dieser Tour – ich war nicht sicher, ob sich der Weg weitere drei Tage lohnte – einen Ausstiegspunkt gesetzt. Und schon am zweiten Tag war ich sicher: Diesen Weg wollte ich unbedingt bis ganz zum Schluss gehen.
Der doch recht unbekannte und wenig bewanderte Weitwanderweg führt in 8 Tagen vom Süd- zum Nordufer des Comer Sees. Für den Herbst entscheide ich mich dafür, ihn jedoch in umgekehrter Richtung – sozusagen der Sonne entgegen – zu wandern. Die Via dei Monti Lariani ist kein touristisch bis ins letzte Detail ausgereifter Weg. Vielmehr führt sie auf alten Verbindungspfaden zwischen Bergdörfern, Almen und Hütten entlang und nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Von handgeschaffene, durch Witterung und intensive Benutzung glatt geschliffene Wege führen uns zum einfachen Leben. Zu Almen, die mit Eseln bewirtschaftet werden. Weg von trubeligen Dörfern am Ufer. Hin zur Einsamkeit.
1. Überblick zur Via dei Monti Lariani
2. Wandern mit Hund
3. Etappen & Highlights
4. Anreise & Planungshilfen
5. Übernachtungen
Überblick zum Via dei Monti Lariani
Der Oktober ist für mich gewöhnlich die letzte Chance im Jahr, wandernd durch die Alpen zu ziehen. Doch das Wetter ist wenig planbar und in diesem Oktober 2020 macht mir nicht nur Corona, sondern auch ein früher Wintereinbruch einen Strich durch meine Planungen. Ehrlicherweise aber, bin ich heute dankbar darüber. Denn normalerweise wären mir die Berge am Comer See zu klein, die Wege zu einfach und die Aussichten zu gleichbleibend für eine mehrtägige Wanderung. Wie gut, dass ich diese Chance dennoch ergriffen habe. Denn ich bekam eine fantastische Herbststimmung, abenteuerliche Wanderwege und Dolce Vita par excellence geboten.
Für die Mehrtagestour in den lombardischen Alpen benötigt man neben Kondition vor allem einen guten Orientierungssinn. Die Instandhaltung der Wanderwege lässt nämlich zu wünschen übrigen und (Ver)Irrungen und Wirrungen sind garantiert. Hier haben Baumriesen die Markierungen fast vollständig „aufgefressen“, dort fehlen sie ganz und anderswo gibt es zwar Schilder aber keine Wege. Doch das lässt sich meistern und wird belohnt mit fantastischen Aussichten über den Comer See – die auch nach acht Tagen noch abwechslungsreich sind -, in die italienische Poebene und auf sanfte Bergwelten. Erwähnte ich schon die Bergziegen? Wenn ich mir bis dahin nicht sicher gewesen sein sollte, spätestens auf der Via dei Monti Lariani, mutierten sie zu den mir liebsten domestizierten Alpentieren. Das Beste am Weg ist zudem: Er kann früh und spät im Jahr begangen werden.
- Beste Reisezeit: Mitte April bis Oktober
- Schwierigkeit: Mittel (T1-T2)
- Übernachtungen: Pensionen und Hotels
- Dauer: 7-8 Tage
Etappenübersicht
Ausgangspunkt | Endpunkt | Strecke | Aufstieg | Abstieg | Dauer | |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Sorico | Fordeccia | 5.5km | 860m | 0m | 2:15 |
2 | Fordeccia | Dosso del Liro | 23.5km | 790m | 1090m | 8:00 |
3 | Dosso del Liro | Dongo | 19.2km | 530m | 1150m | 6:00 |
4 | Dongo | Breglia | 17.4km | 1360m | 810m | 6:30 |
5 | Breglia | Lenno | 19.5km | 930m | 1470m | 6:00 |
6 | Lenno | San Fedele Intelvi | 15.3km | 1190m | 610m | 4:30 |
7 | San Fedele Intelvi | Morico | 23.1km | 1010m | 990m | 6:30 |
8 | Morico | Cernobbio (Como) | 18.1km | 720m | 1290m | 5:15 |
Gesamt | 141.9km | 7390m | 7410m | 45:00 |
Wegverlauf
Wir gehen die Via dei Monti Lariani nicht ganz getreu dem eigentlichen Wegverlauf, sondern steigen zweimal vom Weg ab, weil wir einmal einen Regentag in Lenno überbrücken und ein anderes Mal so kurzfristig keine Übernachtung finden und nach Dongo absteigen. Das kann man mit ein bisschen zeitlichen Vorlauf aber besser machen.
Download: GPX Via dei Monti Lariani
Wandern mit Hund
Hundebesitzer, die gern in den Alpen unterwegs sind, wissen wie schwer es zuweilen ist, mit dem vierbeinigen Freund Übernachtungen zu finden. Doch auch in dieser Hinsicht ist die Via dei Monti Lariani ein echtes Geschenk. Ich brauchte nur wenige Stunden, um die passenden Pensionen, Hütten und Hotels zu finden. Wieder einmal zeigt sich, die Italiener lieben Hunde und nahezu jede Unterkunft erlaubt die Mitnahme. Ich habe schon vor meiner Reise das Gefühl, hier herzlich willkommen zu sein. Die hundefreundlichen Unterkünfte findest du am Ende des Artikels. Auch darüber hinaus gibt es kaum Schwierigkeiten mit Hund auf dem Fernwanderweg unterwegs zu sein, sofern er über etwas Kondition verfügt.
Ein bisschen Hilfe auf den ersten Etappen bei Flussquerungen kann bei etwas weniger beweglichen, älteren Hunden notwendig sein. Im Herbst sahen wir uns einem weiteren Problem ausgesetzt: Esskastanien. Gerade bei den ersten Etappen bedeckten die stacheligen Früchte immer wieder den ganzen Weg und sorgten für einen wahren Eiertanz unserer Münsterländer-Dame. Für empfindliche Hunde sollte im Herbst ein Pfotenschutz mitgeführt werden. Auf den ersten Etappen gibt es genügend Wasserstellen, in denen sich der Hund erfrischen kann. Die letzten Etappen sind etwas trockener, so dass zusätzlich Wasser zum Saufen mitgeführt werden muss.
Womit man auf der Via dei Monti Lariani immer rechnen muss, sind Tierbegegnungen. Esel, Kühe, Schafe, Pferde, Hühner vor allem aber Bergziegen trifft man auf nahezu jeder Etappe. Allerdings sind die Almtiere nirgends entspannter als in Italien – das habe ich schon viele Male festgestellt. Die tierische Form des Dolce Vita sozusagen. Auch die Tiere pflegen einen Lebensstil voller Lässigkeit und Lockerheit, fernab von Stress und Hektik.
Etappen & Highlights
Die Via dei Monti Lariani führt am Westufer des Comer Sees entlang, ist dabei aber überhaupt nicht langweilig. Mehr als erhofft wechseln die Perspektiven, die Landschaften und Wegführung. Das alles genieße ich bei absoluter Einsamkeit, denn der Weg wird nur selten begangen. Neben beeindruckenden Aussichten auf den drittgrößten See Italiens von Norden, Westen und Süden, ist es das mediterrane Flair, was den Fernwanderweg so einzigartig macht: Am See schimmern, von oben auf die Dörfer am Ufer geblickt, die typischerweise rot gedeckten Hausdächer, dort steht eine Palme vor den schneebedeckten Bergspitzen und da sitzt ein faltiger Mann vor seinem in die Jahre gekommenen, unverputzten Steinhaus. Er winkt mir im Vorbeilaufen zu und zeigt, warum ich die Menschen hier in der Lombardei so mag: lebendig, zugewandt und freundlich.
Etappe 1 – Von Sorico nach Fordeccia
Wir beginnen unsere Reise auf der Via dei Monti Lariani mit einer kurzen Einstiegsetappe. Vom nördlichsten Punkt des Comer Sees, Sorico (1), kennt der Weg zunächst nur in eine Richtung: bergauf. Ein kurzer Marsch durch das typisch italienische Örtchen und später auf einem steilen Steinweg bringt uns Meter für Meter nach oben. Doch schnell kommen wir nicht voran, denn immer wieder bieten sich feine Aussichten über den See und lassen uns innehalten.
Insgesamt passieren wir vier Ortschaften auf dem Weg zu unserem Tagesziel: Piazzo (2), Dolo (3), Bugiallo (4) und Peledo (5). Es sind nicht viel mehr als kleine Ansiedelungen, die durch steinige und stufige Pfade oder Wiesenwege miteinander verbunden sind. Die Sonne steht schon tief, als wir unser Ziel Fordeccia (6) erreichen und hüllt alles in ein mildes Licht. Knapp 900 Höhenmeter trennen uns nun von unserem Ausgangsort Sorico, der malerisch zu unseren Füßen liegt. Und irgendwo dahinten, am anderen Ende des Sees, wollen wir in acht Tagen unsere Reise beenden.
Etappe 2 – Von Fordeccia nach Dosso del Liro
Dieser Morgen in Fordeccia (1) bleibt für mich unvergessen. Als wir uns auf den Weg machen, kämpfen sich die ersten Sonnenstrahlen über die Gipfel der Bernina-Gruppe im Nordosten und werfen ein mildes Licht auf den Comer See. Das ist noch schöner als am Abend zuvor und es fällt mir schwer, mich von diesem traumhaften Anblick loszureißen. Aber, das muss ich eigentlich auch nicht, denn die ersten Kilometer führen mich einigermaßen höhehaltend, fast immer aussichtsreich mit Blick auf den Comer See durch die sanfte Bergwelt der Bergamasker Alpen bis nach Montalto (2).
Bis zur Crotto Dangri (3) zeigt sich die Via dei Monti Lariani dann von ihrer wilden Seite: Dort wo eigentlich Brücken sein sollten, sind keine. Das führt zu wilden Flussquerungen mit Klettereinlagen und zuweilen nassen Füßen. Dort wo eigentlich Wege sein sollten, sind manchmal keine und man schlägt sich irgendwie quer durch den Wald, bis man wieder auf so etwas wie einen Weg trifft. Und dort wo eigentlich Markierungen sein sollten, na ihr wisst schon… . Das alles macht jedoch ausgesprochen viel Freude, auch wenn in den ausgedehnten Esskastanien-Wäldern auch Gefahr in Form von herunterfallenden stacheligen Maronen von oben droht.
Ab der Crotto Dangri wird der Weg wieder zahmer und führt zunächst auf einem breiten Fahrweg erst nach Livio (4), dann nach Peglio (5) und dann weiter auf kleinen Pfaden durch den Wald nach Dosso del Liro (6). Wir begegnen das zweite Mal an diesem Tag einer richtigen Horde freilaufender Bergziegen, die sich scheu und neugierig zugleich vor allem für Wanderhund Lotte interessieren. Außerdem gingen wir heute auf Tuchfühlung mit Pferden, Kühen, Eseln und Schafen.
Etappe 3 – Von Dosso del Liro nach Dongo
Dort wo die Via dei Monti Lariani gestern angefangen hat, macht sie auch heute weiter: Uns stehen erneute Flussquerungen, Schnitzeljagden durch den Wald und hin und wieder tolle Aussichten über den Comer See bevor. Noch viel mehr als gestern bewundere ich die kleinen Almansiedlungen und stelle mir vor wie quirlig das Leben hier oben im Sommer wohl ist. Die liebevoll erbauten kleinen Steinhäuschen wirken wie aus einem anderen Jahrhundert und trotzdem einladend. Bis auf die verfallenen, die man immer wieder zu Gesicht bekommt.
Von Dosso del Liro (1) startend folgt der Weg immer dem gleichen Schema: kaum erkennbare, völlig im Laub versinkende Waldwege führen zu kleinen Almen, auf deren Wiesenflächen der Weg abrupt endet und man keine Ahnung hat, wo er wieder anfängt. Im Wald wollen zahlreiche kleine Flüsse gequert werden, die uns jedes Mal ein Jubelschrei wert sind, wenn wir sie ohne nasse Füße geschafft haben. Hin und wieder werden die Hände eingesetzt und abschüssige Hangwege gemeistert. Ein richtiger kleiner Abenteuerspielplatz, auf dem wir auch staunen wie Kinder, wenn wir mal wieder den Comer See von oben sehen können. So schlagen wir uns bis zum nächsten Wegpunkt, der zugleich eine Premiere auf dem Weg ist: Eine lange steinige Brücke namens Ponte di Maiavacca (2).
Später werden wir eine weitere passieren, aber dann war es das auch schon wieder mit den Brücken. Auf unserem Weg nach Ceresa (3) und Boiena (4) geht das mit dem Verirren und durch Flüsse-waten fröhlich weiter. Die Markierungen sind dürftig, aber manchmal weist uns ein Punkt, manchmal ein Steinmännchen oder ein vom Baum halb aufgegessenes Blechschild den Weg. Und manchmal rettet uns nur die Navigationsapp. Ohne sie würde ich vermutlich immer noch auf der Via dei Monti Lariani rumirren. Aber das alles stört kaum, wenn man seine Pausen an eine Steinmauer gelehnt in der wärmenden Oktobersonne verbringen kann, das Leben in seiner schönsten Form genießen und die Aussicht mit niedlichen Echsen teilen darf.
Statt nach Garzeno, dem eigentlichen Ziel dieser Etappe zu laufen, biegen wir in Cagnavo (5) ab und steigen hinab nach Dongo (6) zum Comer See, um dort Quartier zu beziehen. Die zusätzlichen Höhenmeter auf steinigen Pflasterwegen haben es durchaus in sich, aber es ist auch ein Erlebnis, mit jedem Schritt dem See näher zu kommen.
Etappe 4 – Von Dongo nach Breglia
Diese 4. Etappe ist für mich die schönste des ganzen Weges, verbindet sie doch in einer besonderen Art mediterranes Flair mit alpinen Wegen. Von Dongo (1) gilt es zunächst dem Comer See den Rücken zu kehren und die abgestiegenen Höhenmeter vom Vortag wieder hinaufzusteigen. Wir versuchen uns an der abwechslungsreichen Markierung zur orientieren: Wegweiser, Steinmännchen, rote Punkte oder weiß-rot-weißes Flatterband weisen mehr oder weniger eindeutig den Weg hinauf zum ersten Highlight des Tages, dem Berg Sasso di Musso (2). Wir teilen uns die kleinen Steige hinauf mit den Bergziegen und stehen plötzlich, kurz vor dem Gipfel in einer alpinen Landschaft voller schroffer Berge, steiniger Pfade und bröckeligem Gestein.
Als wir schließlich auf dem 1140 Meter hohen Berg stehen, erwartet uns eine phänomenale Aussicht über den Comer See. In Kombination mit der wärmenden Sonne hätte ich hier ewig sitzen können. Die hohen Berge im Norden, gezuckert vom ersten Schnee, das noch nicht zu erkennende Südufer und die sich langsam bunt färbenden Laubbäume – der Gipfel des Sasso di Musso ist definitiv einer der schönsten Plätze des ganzen Weges. Wir streifen vom Gipfel zum deutlich erkennbaren Kirchlein San Bernardo (3) über grüne Berghänge und machen uns dann aussichtsreich an einen Teilabstieg. Hin und wieder verschwinden wir im Wald und wenn wir aus ihm heraus auf eine Lichtung treten, hat sich die Perspektive auf den See wieder einmal geändert.
Auf dem Weg zum Tagesziel Breglia passieren wir kleinere Almen und die kleinen Ansiedelungen Montuglio (4), Monti di Treccione (5), Monti di Carcente (6) und Carncente (7). Sie alle haben diese wunderschönen kleinen Häuslein, eine tolle Sicht auf den See und Palmen gemeinsam. Als wir schließlich mit müden Beinen das Bergdorf Breglia (8) erreichen, steht die Sonne schon sehr tief.
Etappe 5 – Von Breglia nach Lenno
Als wir am nächsten Morgen Breglia (1) verlassen, bleiben wir zunächst siedlungsnah. Auf gut markierten und ausgebauten Wegen wandern wir recht höhehaltend und später leicht bergab zu einigen gut instand gehaltenen Bergdörfern. Eines niedlicher, als das andere. Wir zwängen uns durch die engen Gassen von Barna (2), Codogna (3) und Cardano (4), bestaunen stilvolle Kirchen und schreiten über alte Plätze. Mit Erreichen des Örtchens Croce (5) sind wir dem Ufer des Comer Sees schon wieder sehr nahegekommen, aber nun geht es erst einmal bergauf.
Die Wege sind immer noch gut ausgebaut, erstaunlich gut zu finden und führen mich zu einer Steilklippe. Untenrum? Obenrum? Mir war erst nicht klar, wie ich wohl an ihr vorbeikommen würde, aber andere hatten sich da 100 Jahre vor mir schon den Kopf zerbrochen. Die Antwort: Mittendurch. Von Weitem nicht zu erkennen, führte der Weg durch einen 120 Meter-langen Tunnel mitten durch den Berg. Die Galleria del Tremezzo (6) erinnerte mich sofort an die Kriegsschauplätze auf dem Sentiero della Pace und ich habe recht: Dieser lange Tunnel am Monti Brente – zwischen 1916 und 1917 fertig gestellt – wurde vorsorglich in Erwartung eines Kriegseintrittes der Schweiz in den 1. Weltkrieg gebaut und war Teil des Verteidigungsriegels Italiens nach Norden.
Selbst mir als Gebirgskriegskenner war nicht klar, dass die militärischen Bemühungen sich bis in die Lombardei zogen. Sie werden uns auch am übernächsten Tag noch kurz begleiten. Für diesen Tag jedoch steigen wir kurz nach dem Tunnel zunächst auf schmalen Waldpfaden, später mit Blick auf den See und hinüber nach Lecco ans Ostufer hinab nach Lenno (7).
Etappe 6 – Von Lenno nach San Fedele Intelvi
Vom Ufer des kleinen Örtchens Lenno (1) zieht es uns am nächsten Tag nicht nur bergauf, sondern auch wieder ins Hinterland der Monti Lariani. Um dort anzukommen, lassen wir durchaus ein paar Körner, denn um zurück zur Via zu gelangen, sind drei lange, steile Kilometer mit Steigungen um die 30 – 40 Grad zu bewältigen. Was auf stufigen Wegen meist sogar Spaß macht, ist auf ebenen Flächen etwas, was selbst richtig durchtrainierte Wanderwaden zum Ächzen bringt. Zwischendrin jedoch, oberhalb von Ossuccio (2), werden wir mit feinen Aussichten über den wolkenverhangenen See und zurück nach Lenno für den weiteren Aufstieg motiviert.
Etwa drei Stunden später ist es endlich soweit: Wir passieren die Baumgrenze und haben eine fantastische Sicht mitsamt Gipfelkreuz etwas oberhalb der Alpe di Colonne (3), 1320m. Wenn es hier nur nicht so kalt wäre, denn an diesem Tag zeigt sich der Oktober am Comer See von seiner kühlen Seite. Ein Stück geht es aussichtsreich – wir dürfen sogar einen Blick auf den Luganer See auf der anderen Seite der Berge werfen – ehe wir wieder im schützenden Wald verschwinden. Statt Esskastanien- finden sich hier ausgedehnte Buchenwälder und unsere Schuhe bringen das Laub zum Rascheln. Ein beruhigendes Geräusch, ist es doch das einzige weit und breit.
Im angenehmen Bergab führt uns erst ein Waldweg, später ein alter Pflasterweg wieder in etwas tiefere Lagen. Und je näher wir unserem Ziel kommen, desto wärmer und sonniger wird es. In San Fedele Intelvi (4) bin ich dann übrigens im T-Shirt angekommen.
Etappe 7 – Von San Fedele Intelvi nach Morico
Auf der vorletzten Etappe zeigt uns die Via dei Monti Lariani noch einmal, was in ihr steckt. So aussichtsreich wie an diesem spätsommerlichen Tag hat sie sich uns noch nie präsentiert. Schon recht bald nachdem wir San Fedele Intelvi (1) verlassen haben, passieren wir wieder einmal die Baumgrenze und laufen fast den ganzen Tag äußerst aussichtsreich durch die herbstlichen Berglandschaften. Daneben wird uns ab dem Restaurant in Orimento (2) auch noch einiges an Almwirtschaft geboten. Kühe, Esel, Schafe und Ziegen scheinen sich auf dem weitläufigen Areal ausgesprochen wohl zu fühlen.
Wir uns übrigens auch. Denn immer, wenn wir unseren Blick von den niedlichen Viechern abwenden, erwarten uns tolle Weitsichten. Nur einen Katzensprung entfernt nämlich enden die Alpen und die italienische Poebene beginnt. Im nächsten Moment stehen wir am wohl schönsten Punkt der gesamten Via dei Monti Lariani. Am Aussichtspunkt Ermogna (3) liegt uns eindrucksvoll der Comer See in Richtung Norden zu Füßen. Dahinter ragt der 4000 Meter hohe Piz Bernina der Schweiz auf.
Irgendwann im Laufe unserer Wanderung ist landschaftlich aus dem Spätsommer ein früher Herbst geworden. Ich habe das Gefühl, dass mit jedem Schritt die Wälder bunter werden. Diese werden nun wieder etwas mehr, auch wenn sich immer wieder aussichtsreiche Teilstrecken unter die Waldpfade mischen. Viele Stunden und eine Ehrenrunde später – ein Waldpfad war kaum mehr zu passieren und wir entschieden uns für die ausgebaute Variante „obenrum“ – erreichen wir die Festung Gordona (4). Diese, gefühlt mitten im Nichts stehende, Festungsanlage stammt wie zwei Tage zuvor der Tunnel ebenfalls aus dem 1. Weltkrieg. Ab hier ist es noch etwa eine Stunde bis nach Morico (5).
Etappe 8 – Von Morico nach Cernobbio (Como)
Wer kann, sollte seine Mehrtagestour so planen, dass er diese Etappe nicht unbedingt auf ein Wochenende legt. Denn auf dieser Schlussetappe von Morico (1) nach Cernobbio tummeln sich so einige Tagesausflüger. Meine Stimmung jedoch kann das nicht trüben, ebenso wenig wie die kühle Herbstprise und die dicken Wolken, die an diesem Tag treue Begleiter sind. Zu viele schöne Erlebnisse und Sonnenstunden habe ich schon im Gepäck und meine Begeisterung für den Weiterwanderweg ist ungebremst.
Wir passieren auf unserem Weg zum letzten großen Aussichtspunkt das Rifugio Murelli (2) und Rifugio Bugone (3). Hier ist wochenends einiges los, so dass wir rasch weitergehen und mit unserem letzten Aufstieg den Monte Bisbino (4), 1325m, erreichen. Der von Como leicht zu erreichende Aussichtsberg mit Restaurant ist ebenfalls Ziel vieler Ausflügler und so gut besucht, dass wir im Restaurant nicht mal einen Platz finden. Das ist kaum zu glauben, wenn man bedenkt wie wenigen Menschen wir bisher begegnet sind. Von hier oben soll man gar – klare Sicht vorausgesetzt – bis zum Monte Rosa und dem Matterhorn schauen können.
Vom Monte Bisbino bleibt uns nur der letzte, lange Abstieg hinab nach Cernobbio (5). Dieser ist wiederum sehr ruhig und bietet einen gebührenden Rahmen, um diesen besonderen Weg ausklingen zu lassen.
Anreise & Planungshilfen Via dei Monti Lariani
Um mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen, wählt man für die Anreise am besten den Bahnhof Como. Um von hier möglichst rasch zum Ausganspunkt zu kommen, nimmt man die Schnellfähre Como-Colico und kann in ein bis zwei Stunden Domaso erreichen. Von hier weiter mit den regelmäßig verkehrenden Bussen bis nach Sorico. Wer mit dem Auto anreist, stellt es am besten auf einem der kostenfreien Parkplätze in Domaso ab und steigt ab hier in den Bus, der einen in wenigen Minuten nach Sorico bringt. Bezahlt wird im Bus. Am Ende der Tour geht es von Cernobbio mit dem Bus nach Como von hier in ein bis zwei Stunden mit der Fähre zurück nach Domaso. Hier findest du die aktuellen Fahrpläne der Fähre (Como-Colico).
Orientierung
Einen Wanderführer zur Fernwanderung gibt es nicht, ebenso wenig eine empfehlenswerte Karte. Ich bin eigentlich ein Fan der guten alten Wanderkarte, bin den Via dei Monti Lariani aber komplett mit digitaler Navigation von komoot gelaufen. Die hilft auch, wenn man – was auf jeden Fall passiert – den Weg nicht findet, zurück zu ebendiesen zu finden. Der Weg ist zwar markiert, aber sehr unregelmäßig. Das beste Rezept zur Wegfindung: Man laufe um jeden Baum, Brunnen und um jede Alm, um die spärlichen Wegweiser zu finden. Zudem hilft die Orientierung an Steinmännchen, Punkten, Flatterband und Holzschildern. Die Metallschilder scheinen hin und wieder ergänzt zu werden, einige jedoch hat sich die Natur im wahrsten Wortsinn schon einverleibt. Grundsätzlich gilt für die ganze Tour: Die Markierungen zwischen den Wegpunkten (im Text fett und mit Zahl in Klammern) sind eine gute Orientierungshilfe.
Werbung
Ich habe die Touren mit komoot getrackt und damit navigiert. Das hat zuverlässig funktioniert und mich immer wieder gerettet, wenn ich wieder einmal vom Weg abgekommen war. Hin und wieder ist das GPS-Signal auf dem Weg schwach bzw. die digitalen Karten etwas ungenau, so dass man etwas Interpretationsfähigkeit mitbringen muss. Es ist aber definitiv die beste Art, sich auf dem Weg zurechtzufinden. Die Touren mit GPS-Tracks, mehr Bilder sowie mein „Erlebnistagebuch“ könnt ihr auf meinem Profil finden: Collection Via dei Monti Lariani
Übernachtungen
Ich habe einfachheitshalber alle Übernachtungen über Booking gebucht, da ich so sehr flexibel sein konnte. Die meisten Gastgeber sprechen aber ein recht passables English, so dass auch eine telefonische Reservierung oder über die Website möglich ist. Alle Übernachtungen habe ich recht kurzfristig, teilweise auf dem Weg gebucht. Allerdings war ich im Corona-Jahr 2020 unterwegs, so dass ich nicht abschätzen kann, ob das auch unter normalen Umständen im Oktober möglich ist. Falls du Erfahrungen diesbezüglich gemacht hast, freuen sich andere Leser sicher über deinen Kommentar am Ende des Beitrags.
Baita Dal Vikingo
Traumhaft gelegen, mit soliden Zimmern und gutem Essen. Da kann man auch über den 70er-Kommunen-Charme hinwegschauen. Der Aussichtspunkt über den Comer See ist zum Sonnenauf- oder -untergang traumhaft! Zur Baita Dal Vikingo
Agriturismo La Fonte Di Mariella
Die mit Abstand beste Unterkunft auf dem Weg. Ein unglaublich freundlicher Vermieter, tolle Zimmer, tolle Lage und das Essen ist ein Traum. Absolutes Muss! Website ist aktuell nicht erreichbar, aber die Unterkunft ist online bei booking zu buchen.
B&B Rosalinda
Residieren trifft es hier: An der Decke originale Fresken aus dem Jahr 800, der Boden ist aus lombardischem “Cotto” und antike Möbel runden das Bild ab. Etwas teuer für Wanderer. Zum B&B Rosalinda
Albergo Breglia
Einfache Unterkunft mit üppigem Essen und sehr freundlichen Gastgebern. Zimmer gut und ausreichend. Zum Albergo Breglia
La Tana Rooms
Nett eingerichtete Zimmer und gutes Frühstück. Allerdings direkt an der Hauptstraße gelegen und – dem Ort geschuldet – etwas teuer. Zu La Tana Rooms
Hotel Villa San Fedele
Einfaches, gut eingerichtetes Hotel. Frühstück in Ordnung und auch sonst gut für Wanderer geeignet. Zum Hotel Villa San Fedele
Agriturismo Al Marnich
Mit Stil eingerichtete Zimmer auf einem Bauernhof: Essen außergewöhnlich. Zum Agriturismo Al Marnich
16 Kommentare zu “Via dei Monti Lariani”
Hallo Romy,
habe schon lange nichts mehr von dir gelesen und bin glücklicherweise heute bei Pinterest auf Diene Tour am Comer See gestoßen. Traumhaft! Vielleicht schaffe ich es ja mal diese Tour nachzulaufen, Deine Bilder und Deine Beschreibung haben auf jeden Fall den Wunsch geweckt. Danke für die Inspiration.
Bleib gesund
Maik
Hey Maik, dann drücke ich mal die Daumen, dass du es irgendwann schaffst, den Weg zu gehen, es lohnt sich auf jeden Fall!
Liebe Grüße
Romy
Hi Romy, was für ein toller Beschrieb und Routenführung. möchte ich wohl gern mit Hundehund angehen – nach deiner Erfahrung: wie ist es mit draussen schlafen/ Zelt od biwakieren? ohne Feuer bzw max kleiner Gaskocher? und wenn du im frühen Frühjahr gehen würdest (jaaa, nach Covid Öffnung, klar) – umgedrehte Richtung od nicht auch deine Richtung?
in jedem Fall: Lotte u du, Ihr macht Laune!
viele Grüsse
Heike (und Leni)
Hey Heike,
ich mochte die Richtung, wäre aber bestimmt auch andersrum gut. Ich glaube ehrlich gesagt, ist das egal. Zum zelten kann ich nichts sagen.
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy. Herzlichen Dank für deine Beschreibung und die Komoot-Streckenführung. Ohne die wäre ich oft wie der Ochs am Berg gestanden. Ich komme gerade von 6 Tagen auf der Via dei Monti Lariani zurück und bin begeistert. Die Etappen waren mir anfangs noch zu lang, wegen zu wenig Kondition. Doch die hat sich durchs Gehen schnell verbessert. Abkürzen der Etappen ist schwierig, weil es oben einfach keine Unterkünfte gibt. Ich hatte Schlafsack, Matte und Biwaksack dabei. Das konnte ich zweimal gut brauchen, weil die Unterkünfte voll oder geschlossen waren. Ende 2. Etappe und anfangs 3. wurde der Weg inzwischen gepflegt und war drum gut zu finden. Die Etappe 5 über den Monte Tremezzo zum Rifugio Boffalora möchte ich empfehlen, weil der Ausblick von dort oben einfach atemberaubend ist. Das Rifugio war aber eben geschlossen, da müsste man vorher anrufen und fragen. Ich hab dann auf dem Balkon geschlafen und dafür den Hirsch röhren hören:) Nochmals vielen Dank für deine tolle Routenbeschreibung, Matthias
Hey Matthias,
so schön von dir zu lesen! Ich freue mich wirklich sehr, dass dir der Weg so gut gefallen hat und dir meine Beschreibungen beim Wandern so gut geholfen haben. Toll auch, dass der Weg nun zumindest auf der ein oder anderen Etappe ein bisschen Pflege erfahren hat. Danke für dein Update!
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy,
vielen Dank für deine Beschreibungen, Informationen und Komootdaten. Wir sind damit sehr schön die Etappen 1, 3 und 4 glaufen. Da die ersten beiden Tage heftige Regentage waren, mussten wir Etappe 2 abbrechen. Schon der erste Bach war unpassierbar. Durch das viele Wasser haben wir für Etappe 3 mehr Zeit gebraucht, als veranschlagt. Und auch uns ging es so, dass wir die Etappen insgesamt als recht lang empfanden.
Die Baita del Vikingo hatte auch Ende Oktober noch geöffnet und scheint mittlerweile renoviert. Das Agriturismo La Fonto di Mariella ist tatsächlich sehr zu empfehlen (gerade bei heftigstem Regen und Gewitter). Beide Unterkünfte können aber während der Wochenenden auch ausgebucht sein.
Auf Etappe 1 und 3 verläuft der (mittlerweile recht gut) markierte Weg nicht immer entlang der Komoottouren. Hier unsere Empfehlungen für die Tage 1…: https://www.komoot.de/tour/940228226?ref=atd
…und 3: https://www.komoot.de/tour/940228701?ref=aso&share_token=adi4PsQe8mrQibzr5J7aj0rdM02nyNOCMQvJsIHh7BegYaA7Yb
Hier und da finden sich oberhalb des Weges einige Refugi, von denen aber im Oktober nur noch wenige geöffnet sind.
Außerdem fand sich auch eine brauchbare Karte (nur Etappe 1 und ein Stück von Etappe 2 fehlen): https://shop.kompass.de/shop/article/46874690/kompass_wanderkarte_91_lago_di_como_lago_di_lugano_1_50_000.html
Busfahrpläne finden sich hier: https://asfautolinee.it/
Jedenfalls vielen Dank für deine Informationen. Ohne diese hätten wir diesen schönen Weg nie gefunden.
Hey Johann,
danke dir für dieses nahezu perfekte Update meines Artikels. Ich freue mich, dass euch der Weg so gut gefallen hat!
Liebe Grüße
Romy
Hi Romy,
ich möchte die Via dei Monti Lariani anfang Mai gehen. Kannst du das empfehlen und würdest du immer noch die Tour von Nord nach Süd empfehlen?
In anderen Beschreibungen geht es immer von Como Richtung Norden.
Des Weiteren kannst du es auch empfehlen die Wanderung allein zu machen?
Danke für eine kurze Rückmeldung 🙂
LG Kerstin
Hey Kerstin,
Anfang Mai klingt nach einer guten Zeit für den Weg, dann ist es noch nicht so heiß und auch die Unterkünfte sollten schon offen haben. Ich fand die Wegrichtung eigentlich super (immer der Sonne entgegen), sehe aber keinen Grund, der gegen eine andere Laufrichtung spricht. Die Markierungen sind in beide Richtungen schlecht ;-). Auch gegen eine Solowanderung spricht nichts, wenn du einen passablen Orientierungssinn hast. Die Wege sind prinzipiell nicht gefährlich.
Liebe Grüße und viel Freude auf dem Weg!
Romy
Hallo Romy
Wir wollen den Weg im Juni machen. Leider sind einige Unterkünfte dann schon komplett belegt. Hast du mir eine Alternative in Breglia?
Gruß
Julia
Hallo Julia,
sorry, so gut kenne ich mich dort nicht aus. Da müsstest du selbst noch mal recherchieren.
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy,
vielen Dank für diese tolle Routenbeschreibung! Mein Papa und ich werden den Weg demnächst wandern und freuen uns schon sehr. Kannst du uns noch verraten, wo genau in Domaso wir die kostenfreien Parkplätze finden?
Vielen Dank & liebe Grüße,
Elena
Hallo Elena,
die findet ihr dann schon. Direkt am Straßenrand gab es damals viele kostenfreie Parkplätze. Ich wünsche euch viel Freude auf der Tour und viele unvergessliche Erlebnisse!
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy,
Hallo Romy,
Auf der mühseligen Suche nach einer Frühjahrs-Mehrtagestour bin ich auf deine Seite gestoßen und wurde gleich fündig.
Ich plane jetzt die Via dei Monti Lariani für Anfang Juni, muß aber ein wenig Strecke kürzen. Bis Lenno scheint mir passend (evtl Abstecher auf Mt Grona mit Refugio Menaggio anstatt Übernachtung in Breglia) Oder sind die letzten Etappen den ersten drei vorzuziehen?
LG
Klemens
Hey Klemens,
oh, dass kann ich nicht entscheiden. Ich mochte tatsächlich den ganzen Weg sehr gern.
Liebe Grüße
Romy