Ratgeber: Leichte Wanderschuhe
Leichte Wanderschuhe liegen voll im Trend. Die Vorteile der gewichtsoptimierten Wanderschuhe liegen auf der Hand: Sie sind bequemer als feste Bergschuhe und das geringe Gewicht steigert die Leistungsfähigkeit. In Sachen Performance steckt viel Know-How in den Leichtgewichten. Aber es gibt auch Nachteile. Ein Ratgeber über leichte Wanderschuhe – nicht nur für Speed Hiker.
[Enthält Werbung für meinen Kooperationspartner Keen]*
Es ist ein paar Jahre her, da kam unter den Langstreckenwander*innen der Trend auf, statt mit Wanderschuhen mit Trailrunnern auf Wanderschaft zu gehen. Der Grund war einfach: Sie sind deutlich leichter und bequemer als die dicken Lederschuhe und haben dennoch einen guten Grip für rutschige oder felsige Zwischenpassagen. Allerdings sind Trailrunner für das Gebirge gemacht, nicht für abschmirgelnde Schotter-, Sand- und Asphaltpisten. Deshalb ist so ein Schuh auch schon mal nach wenigen hundert Kilometern hinüber.
Während die meisten Trailrunner um die 250-350g pro Schuh auf die Waage bringen, ist ein leichter Wanderschuh zwar etwa 100g schwerer, aber viel besser für verschiedene Terrains geeignet. Zudem gibt es sie auch hochgeschnitten, also mit einem gewissen Umknickschutz. Wer den richtigen Leichtwanderschuh für sich findet, ist als Wanderer*in damit deutlich besser bedient. Doch vor dem Kauf sollte man sich den ein oder anderen Gedanken machen. Vor allem zum Einsatzbereich und was einem wichtig an einem Schuh ist. Meine Gedanken und Erfahrungen können dir dabei eine Hilfe sein.
Was sind leichte Wanderschuhe?
Leicht ist nicht gleich leicht und Wanderschuh ist nicht gleich Wanderschuh. Daher lohnt sich zunächst ein Blick auf die Kategorien bzw. Einsatzbereiche der Wanderschuhe:
- Kategorie A – Leichte Wanderschuhe.
- Kategorie A/B – Hohe Wanderschuhe.
- Kategorie B – Trekkingstiefel.
- Kategorie B/C – Schwere Wanderschuhe.
- Kategorie C – Bergstiefel.
- Kategorie D – Expeditionsstiefel.
Für meine schweren, hochalpinen Bergtouren habe ich in der Regel maximal ein Bergschuh der Kategorie B/C am Fuß. Mit diesen kann ich auf lange Trekkings, auf Hoch- und Gletschertour sowie im Winter unterwegs sein. Leichte Exemplare dieser Kategorie wiegen so zwischen 1.200 und 1.400 Gramm (beide Schuhe). Robustere Volllederschuhe auch einige Hundert Gramm mehr. Aber in diesem Artikel soll es eher um die Kategorien A, und A/B gehen, also um Schuhe, die für Wiesenwege, Mittelgebirgswanderungen, leichtes alpines Wandern, Speed Hiking sowie Trekkings geeignet sind.
Aber auch diese Einteilung kann jede*r nur für sich als Richtwert nehmen. Ich selbst habe gern eine Kategorie weniger am Fuß, als empfohlen. Mich mit einem Schuh der Kategorie A auf einem 3000er zu finden, ist schon möglich. Das ist aber eher Einstellungssache, denn ich trainiere gern meine Muskulatur und denke, dass dies in einem flexibleren Schuh besser geht, als mit einem Bügeleisen am Fuß. Wer allerdings häufig zum Umknicken neigt, sollte dieses Risiko nicht eingehen.
Vor- und Nachteile leichter Wanderschuhe
Warum nun eigentlich die ganze Sache mit dem Gewicht? Man sagt, wenn du ein halbes Kilo weniger an den Füßen hast, kannst du zwei mehr auf dem Rücken tragen, ohne an Leistung einzubüßen. Meiner Erfahrung nach ist das tatsächlich so. Je leichter der Schuh, desto besser bist du drauf und kommst du voran. Du kannst also schneller unterwegs sein. Oder du bleibst bei deinem Tempo, wirst dich aber besser dabei fühlen.
Ich selbst bin zwar auch gern mal flott am Berg unterwegs, muss dem deshalb aber keinen eigenen Namen geben. Richtig, ich spiele auf das Speed Hiking an, wie derzeit trendig „schnelles Wandern“ genannt wird. Gemeint ist eine Mischung aus Bergwandern und Trailrunning. Für Speed Hiker eignen sich leichte Wanderschuhe umso mehr. Aber egal wie man es auch nennt und egal, ob du überhaupt schnell unterwegs sein willst – ein leichter Schuh erhöht den Spaßfaktor. Hat aber auch Nachteile.
Vorteile:
- unglaublich bequem – auch nach vielen Kilometern brennen weder die Füße, noch hat man bei Ankunft das Gefühl, sofort aus den Schuhen zu müssen
- je weniger Gewicht an den Füßen, desto mehr kann man auf dem Rücken tragen – das kann bis zu zwei Kilo ausmachen, bei gleicher Leistungsfähigkeit. Noch besser: leichte Schuhe bei gleichem Gewicht auf dem Rücken
- flexiblere Sohlen erleichtert das Abrollen, machen das Wandern also komfortabler
- luftiger und daher gerade im Sommer angenehm – es hängt aber von der Wasserdichtigkeit ab (siehe später im Artikel)
Nachteile:
- je leichter das Produkt, desto schneller ist das Material „durch“ – die meisten Kilometer, die ich mit einem leichten Wanderschuh geschafft habe waren 700 km – viele Modelle geben vorher den Geist auf
- Nachhaltigkeit: da die leichten Schuhe nicht so langlebig sind, braucht man öfter ein neues Paar, das ist nicht sonderlich ressourcenschonend
- ein leichter Wanderschuh macht Abstriche in Sachen Stabilität, daher bergen sie ein höheres Verletzungsrisiko
- spitze Steine drücken durch die weichere Sohle, das ist im schroffen, alpinen Gelände eventuell unangenehm
- nicht wiederbesohlbar
Der NXIS Evo Mid von Keen
Ich habe diesen Schuh bis zum bitteren Ende getestet, sprich 700 Kilometer lang. Damit hat der NXIS deutlich länger durchgehalten, als sämtliche anderen Leichtwanderschuhe, die ich bisher hatte. Ich wandere allein auf Trekkingtouren jedes Jahr 1500 Kilometer, verschleiße also mindestens zwei paar Schuhe – und kam somit schon in den Genuss einiger leichter Wanderschuhe renommierter Schuhhersteller. Was mich aber an dem NXIS besonders überrascht hat: Die Keen eigene KEEN.DRY-Membran hielt nahezu die ganze Zeit dicht. Meine Schuhe waren, bis sich die ersten Löcher einschlichen, hundertprozentig trocken. Das hat bisher kein anderer Leichtwanderschuh geschafft.
- bisher mein bequemster Leichtwanderschuh
- hervorragende Dämpfung, so dass auch Trekkings mit schwerem Gepäck möglich sind
- sehr guter Grip auch auf rutschigem Terrain
- absolut wasserdicht
- sehr nachhaltig produziert
- super Passform: Ferse sitzt fest, Zehen rutschen nicht nach vorn
- Gewicht: etwa 350g je Schuh, kann mit einem Trailrunner mithalten
- Kosten: UVP 159,95 €
- Bei Amazon kaufen (Werbelink)
Getestet in: Nordschweden, Weserbergland, Harz, Niedersachsen, Thüringen, Dänemark, Berchtesgadener Alpen
Wasserdicht oder nicht – eine Frage der Nachhaltigkeit?
Eigentlich ist es ein kleines Paradoxon. Bei drei leichten Wanderschuhen mit GoreTex-Membran, die ich in den vergangenen Jahren hatte, hielten die Schuhe vom ersten Tag an nicht dicht. Ja, ich hätte sie umtauschen können. Habe ich aber nicht. Ich bin stattdessen weitergewandert und fand es eigentlich nie wirklich schlimm, dass die Schuhe bei Regen „durch“ waren. Denn der Nebeneffekt war auch, dass sie am nächsten Morgen immer wieder trocken waren. Kalte Füße habe ich nur in Ausnahmefällen gehabt – bei hochalpinen Touren kommen ohnehin andere Schuhe zum Einsatz. Also habe ich mir irgendwann die Frage gestellt, ob es tatsächlich bei einem Leichtwanderschuh mit kurzer Lebensdauer eine (nicht selten ziemlich umweltschädliche) dichte Membran braucht. Zumal, wenn man wie ich bis zu zwei paar Schuhe pro Jahr verschleißt und Teile davon niemals verrotten?
Aber! Ich bin wahrlich kein GoreTex Verächter. Auch ich laufe gern bei einem Trekking stundenlang durch den Regen, ohne nass zu werden. Ich bin nur der Überzeugung, dass wir weder in jedem Schuh, noch in jeder Regenjacke diese Membran brauchen. Wer eine halbe Stunde in der Stadt im Nieselregen spazieren geht, braucht sie nicht. Ein Leichtwanderschuh vielleicht auch nicht. Ein leichter Wanderschuh, der nicht wasserdicht ist, ist nicht nur umweltfreundlicher und trocknet schneller, sondern er fühlt sich auch viel luftiger an, weil er viel atmungsaktiver ist. Es lohnt sich darüber nachzudenken.
Keen – eine nachhaltige Schuhmarke
Keen steht für einen bewussten, schonenden Umgang mit der Natur und stellt Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit in den Fokus des Unternehmens. Bereits seit 2018 (!) gibt es bei Keen im Schuhherstellungsprozess keine PFCs mehr. Mit ihrer PFC-freien, dauerhaft wasserabweisenden Beschichtung haben sie ein innovatives Produkt entwickelt und für mich gezeigt, dass Schuhe auch umweltfreundlich hergestellt dicht halten können. Darüber hinaus macht das Unternehmen – deren Mitarbeiter sich auch als Aktionisten bezeichnen – das weltweite Engagement sympathisch. Ob Plastikmüll aus Gewässern gefischt, bei weltweiten Katastrophen unterstützt, bei der Integration von Flüchtlingen geholfen oder Bildung für Kinder im Ausland ermöglicht wird – Keen übernimmt beachtenswert viel Verantwortung für unseren Planeten. Mehr dazu bei Keen
Worauf du beim Kauf achten solltest
Grundsätzlich ist der Kauf eines leichten Wanderschuhs sehr viel einfacher, als der eines festen Bergschuhs. Da sie viel weicheres Außenmaterial haben, schmiegen sie sich besser an den Fuß. Ich habe mir zumindest noch nie eine Blase in so einem Schuh gelaufen. Natürlich ist der Gang in ein Sportfachgeschäft immer die beste Wahl. Ich habe aber – aufgrund sehr beschränkter Auswahl in den Geschäften im norden Deutschlands – auch eher auf den oft gescholtenen Internetkauf gesetzt und meist richtig gelegen. Was ihr euch vor dem Kauf fragen solltet:
- Was ist die richtige Größe? Nutze dazu auch Größentabellen und miss deine Füße aus. (Hinweis bei Keen fällt die Größe normal aus, du brauchst keine Nummer größer wählen)
- Welches Einsatzgebiet soll dein Schuh haben? Leichte Wanderschuhe eignen sich, wenn du oft mit dem Hund, im Mittelgebirge und ab und an in den Alpen wanderst. Für schwere Bergtouren braucht es einen festeren Schuh.
- Halbschuhe oder Schuhe mit hohem Schaft? Brauchst du einen Umknickschutz, solltest du einen hohen Schaft wählen.
- Brauche ich wirklich einen wasserfesten Schuh? Für warme Sommertage sind Schuhe ohne wasserdichte Membran luftiger.
- Hat der Schuh eine feste Zehenkappe? Das schützt bei felsigem Gelände die Zehen. Auch ein Gummi-Rand, der wie Stoßstange wirkt, ist sinnvoll.
- Welches Terrain gibt der Hersteller an? Das sollte bei einem leichten Wanderschuh für verschiedene Aktivitäten möglichst breit aufgestellt sein.
- Wie ist die Sohle? Sie sollte für einen guten Grip tiefe Stollen und Kerben haben und eine Gummi-Sohle besitzen.
*Offenlegung: Dieser Bericht ist in Zusammenarbeit mit Keen entstanden. Meine Meinung, Ansichten und Tipps bleiben davon unbeeinflusst. Mehr über Werbung auf diesem Blog.
Mich interessieren deine Erfahrungen mit leichten Wanderschuhen. Decken sie sich mit meinen oder hast du andere gemacht? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
9 Kommentare zu “Ratgeber: Leichte Wanderschuhe”
Schwieriges Thema mit vielen Facetten. Ich wandere ohne Knöchelschutz, immer. Mich schränkt ein hoher Schaft ein, muss allerdings sagen, dass ich sehr gute Bänder habe, noch nie Probleme bekommen.
Trailrunner? Nicht für mich! Für mich sind Trailrunner viel zu gedämpft, da merkt man ja manchmal nicht mehr auf welchem Untergrund man unterwegs ist. Mein Wanderschuh der Wahl ist bisher immer ein sog. Approachschuh gewesen. Bester Grip auf Fels und Stein und fast auf jeglichem Untergrund, egal ob nass oder trocken. Einzig tonigen Schlamm mögen die Schuhe nicht. Mein Liebling war ein Mammut, da lag das Gewicht bei ca.350g/Schuh. Dieses Modell wird leider nicht mehr produziert, deswegen bin ich bei Adidas Terrex gelandet. Der Sky Chaser Halbschuh mit der Schnellschnürung ist der Schuh der Wahl. Meiner mit GoreTex Membran, tatsächlich total wasserdicht.
Dann sehr gute individuell angepasste Einlegesohlen und die richtigen Socken und die Füße machen keinen Ärger. So ist das bei mir. Einsatzgebiet von Mittelgebirge bis hochalpin. Nur bei Geröllfeldern bin ich wegen des nicht vorhandenen Knöchelschutzes Recht vorsichtig, aber lange kein Grund in klobige Bergstiefel zu wechseln.
Danke Jens, für deine Erfahrungen!
2 Bemerkungen:
– Keen-Schuhe sind eher für den breiteren Fuß ggeschnitten (mir haben jedenfalls noch nie welche gepasst)
– Trailrunner/Approachschuhe und vermutlich auch Leichtwanderschuhe sind durchaus wiederbesohlbar. (M)ein guter Schuster bestellt Vibram- oder Conti-Sohlen und kriegt die auch gut besfestigt.
Hey Antje,
danke für deinen Kommentar! Bezüglich der breites des Fußes, muss ich jedoch widersprechen. Ich habe nämlich überhaupt keine breiten Füße und die Schuhe sind dennoch wunderbar passend. Man hat in der Tat sehr viel Zehenfreiheit in den Keen-Schuhe, dass ist erst mal gewöhnungsbedürftig. Da die Ferse aber einen richtig guten Halt bietet, rutscht man dennoch nicht hin und her. Klar, wenn du so ein seltenes Exemplar eines Schusters in deiner Nähe hast, kann das natürlich eine Option sein. Ich habe eher das Gefühl, dass ist eine aussterbende Art… . Die Hersteller bieten das in der Regel nicht an, im Gegensatz zu den richtigen Bergstiefel. Bei mir waren jedoch die leichten Wanderschuhe zeitgleich mit der Sohle verschlissen. Sprich: das Widerbesohlen hätte sich auch nicht gelohnt.
Liebe Grüße!
Romy
Hallo Romy!
Danke für den Tipp! Die Keen NXIS Mid sind die besten Schuhe, die ich bisher hatte. Leicht, super bequem und trotzdem stabil. Habe auch eher schmale Füße, aber kein Problem mit dem Schnitt. Ich habe normalerweise Große 50 und ich muss sonst mehr oder weniger nehmen, was ich kriegen kann. Bei Keen passen mir die größten Schuhe, die angeblich nur Gr. 48 sein sollen, bestens. Terrex im Vergleich fällt viel zu klein aus (50,5 ist mir noch zu klein).
Danke nochmals!
Olaf
Hallo Olaf,
hab vielen lieben Dank, dass du deine Erfahrungen hier teilst. Hat mich sehr gefreut, dass du so zufrieden mit den Schuhe bist. Deine Erfahrungen unterschreibe ich sofort! Wünsche dir nun viele schöne Wanderungen mit den NXIS-Schuhen!
Liebe Grüße
Romy
Hallo Romy,
Ich kann deine Erfahrung nur teilen, dass man mit leichten Schuhen in den Bergen gut wandern kann.
Ich mache seit 3 Jahren viele Touren mit Barfusschuhen. Z.b. bin ich deine Tour in den Sarntaler Alpen komplett mit diesen Schuhen begangen. Selbst deine Tour in der Schobergruppe ging zu 80% mit Barfussschuhen.
Sie kommen bei längeren Geröllfeldern und Blockgestein an Grenzen.
Beim Wandern mit Barfussschuhen
schätze ich die Leichtigkeit und das damit einhergehende achtsame Wandern. Man fühlt sich fest mit dem Boden verbunden.
Ich habe nie Blessuren an meinen Füßen und keine schwere Füße.
Ich ermuntere Freunde, es auszuprobieren. Man sollte keine zu empfindliche Fußsohlen haben ( oder vor einer Bergtour trainieren).
In schweren Bergschuhen bin ich oft umgeknickt, das passiert mir mit Barfussschuhen nicht mehr.
Einfach mal ausprobieren!
Lg Melanie
Hallo Melanie, genau das gleiche kann ich auch berichten. Ich gehe schon viele Jahre in den Bergen wandern und komme mit den Tracker FG von Vivobarefoot am besten zurecht. Ich trage auch in Alltag nur Barfußschuhe, muss ich dazu sagen. Seitdem habe ich aber weder Probleme mit Blasen, noch brennenden Fußsohlen oder knicke um. Das ging mir früher so mit Wanderstiefeln. Liebe Grüße, Bianca
Hallo Romy,
habe mir jetzt aufgrund Deiner Erfahrungen auch die NXIS Evo Mid WP zugelegt und muss sagen, super Tipp. Bin normalerweise mit den Lowa Ticam 2 GTX unterwegs. Das ist vom Gewicht her schon ein enormer Unterschied. Und, bedingt durch das aktuelle Wetter, haben die Schuhe sich auch schon in Starkregen bewährt. Die haben zumindest solange dicht gehalten, bis das Wasser von oben über den Schaft reingelaufen ist.
LG Michael