Südtirol: Hüttentour durch die Ötztaler Alpen
Der Südtiroler Teil der Ötztaler Alpen hat einen ganz besonderen Charme. Die meisten kennen die Region durch den Meraner Höhenweg, dem klassischen Einstiegsweg in alpine Hüttentouren. Wer es ruhiger und anspruchsvoller mag, nimmt sich besser die Pfade abseits davon vor. Ein Vorschlag für eine dreitägige Hüttentour am Rande der Texelgruppe.
Die allererste Hüttentour bleibt meist unvergessen. Ich zumindest kann mich noch ziemlich genau an meine erinnern. Es war ein heißer Sommer, ich war aufgeregt, mein Rucksack viel zu schwer und mein damaliger Hund Lotte fragte sich wohl, ob sie womöglich im Paradies gelandet sei. Den ganzen Tag Gassigehen – wo gibt es denn sowas? Unterwegs waren wir auf dem Meraner Höhenweg, im Südtiroler Teil der Ötztaler Alpen. Nun, viele Sommer später, bin ich in diese Alpenregion zurückgekehrt. Ich bin vor Hüttentouren nicht mehr aufgeregt, mein Rucksack aber fühlt sich manchmal immer noch schwer an. Ein anderer Hund ist inzwischen an meiner Seite, stellt aber womöglich die gleiche Frage nach dem Paradies. Ob es an unserer extragroßen „Gassirunde“ liegt oder vielleicht doch an diesem himmlischen Sonnenaufgangsszenario, welches wir an unserem letzten Tag erleben durften, bleibt ein Geheimnis.
Diese dreitägige Hüttentour darf zurecht als ausgesprochen abwechslungsreich beschrieben werden. Einmal sind da die beiden so gegensätzlichen Hütten, in denen übernachtet wird: Die urige und sehr liebevoll bewirtschaftete Zwickauer Hütte und die hochmoderne Stettiner Hütte, die 2014 durch einen Lawinenabgang zerstört und nach vielen Jahren des provisorischen Bewirtschaftens erst 2022 wieder eröffnet wurde. Beide Hütten liegen knapp an der 3000-Meter-Marke und sind wahrlich schön gelegen. Zwischen den Hütten finden sich feine Pfade, die wenig begangen werden und eine ordentliche Portion Stille versprechen. Wer mag, versucht noch den Seelenkogel mit seinen 3472 Metern zu bezwingen. Für mich und meinen Wanderhund Greta erfüllten sich fast alle Wanderträume: Wir sahen zu Hauf Murmeltiere, Steinböcke, Gletscher, Schneehühner, Edelweiß und eben diesen atemberaubenden Sonnenaufgang an der Stettiner Hütte.
Inhalt
- Anforderungen & Überblick
- Mit Hund auf Hüttentour
- Durch die Ötztaler Alpen – die Etappen
- Hinweise und Planungshilfen
- Hütten auf der Mehrtagestour
Anforderungen & Überblick
Wer die Nächte auf knapp 3000 Meter verbringt, hat es selten leicht, um dorthin zu kommen. Das gilt auch für diese Hüttentour. Die Wege entsprechen dem Schwierigkeitsgrad der SAC-Wanderskala bis T3. Es handelt sich also um schmale, auch mal gesicherte Passagen, die grundsätzlich Absturzgefahr bergen. Wer allerdings über Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und alpine Erfahrung verfügt, wird die Wege problemlos meistern können. Etwas anders sieht es aus, wenn der Hintere Seelenkogel (3472 m) auf dem Plan steht. Hier bewegen wir uns eher im Bereich T4-T5 inklusive einiger anspruchsvoller Kletterstellen. Da ich mit meinem jungen Hund noch nicht so in die Belastung gehen konnte und Klein-Greta auch nicht überfordern wollte, haben wir letztendlich die Gratkletterei vor dem Gipfel nicht mehr gemacht. Die letzten Höhenmeter sind definitiv nur etwas für Geübte – erst recht mit Hund!
Fakten & Daten zur Hüttentour
Die Tagesetappen sind grundsätzlich recht kurz – vor allem wenn man die hier vorgestellte Tourenaufteilung noch mit einer Zwischenübernachtung am ersten Tag im Rauhjoch-Biwak streckt. Beim Übergang zwischen Zwickauer und Stettiner Hütte kann man je nach Kondition und Wetterlage auch noch den Seelenkogel einbauen. Eine Alternative wäre auch, von der Stettiner Hütte noch auf die Hochwilde oder Hohe Weiße zu steigen. Beide Gipfel sind jedoch alpinistisch ebenso anspruchsvoll wie der Seelenkogel.
Wer noch etwas mehr Zeit in petto hat, sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, die alpine Überschreitung der Texelgruppe über die Spronser Seen zu wählen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dies ein Sahnestück der Region ist. Hier kann im Oberkaser und im Hochganghaus (beides auch Übernachtungsoptionen mit Hund) Station gemacht werden.
Daten
- Beste Reisezeit: Juli bis September
- Dauer: 3-4 Tage
- Länge: ca. 30 km
- Höhenmeter Aufstieg: ca. 2200 m
- Höhenmeter Abstieg: ca. 2200 m
- Höchster Punkt: Zwickauer Hütte: 2989 m
- Schwierigkeit: anspruchsvolle Bergtour mit Schwierigkeiten nach SAC Wanderskala bis T3 (Gipfelabstecher bis T5!)
- Art der Tour: hochalpine Rundwanderung
Etappenübersicht Hüttentour Südtirol
Die Etappen dieser Hüttentour sind recht moderat. Grundsätzlich lassen sich alle Etappen aber auch noch um Gipfelbesteigungen ergänzen. Bei dieser Art der Tourenplanung hat man alle Möglichkeiten und kann je nach Wetterlagen und persönlichem Empfinden nach Ankunft auf der Hütte noch entscheiden, ob man den Tag mit einem Gipfel veredelt.
Ausgangspunkt | Endpunkt | Strecke | Aufstieg | Abstieg | Dauer | |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Pfelders | Zwickauer Hütte | 11.8 km | 1660 m | 360 m | 5:30 |
2 | Zwickauer Hütte | Stettiner Hütte | 7.7 km | 540 m | 610 m | 4:15 |
3 | Stettiner Hütte | Pfelders | 9.5 km | 10 m | 1230 m | 3:30 |
Mögliche Gipfelabstecher:
- Tag 1/Tag 2: Hinterer Seelenkogel , 3472 m
- Tag 2/Tag 3: Hochwilde, 3458 m
- Tag 2/Tag 3: Hohe Weiße, 3329 m
Wegverlauf und Höhenprofil der Hüttentour
Download: GPX Hüttentour Ortler Alpen
Mit Hund auf Hüttentour in Südtirol
Wandern ohne Hund ist zwar möglich, aber nicht sinnvoll – zumindest, wenn man Greta fragt. Sie hat es auch am wenigsten gestört, dass ich dann in der Zwickauer Hütte mein bequemes Bett gegen eine Nacht in der Stube getauscht habe. Eines nämlich bieten Hüttentouren mit Hund nur selten: Echten Komfort. Aber den suchen wir ja auf einfachen Berghütten eigentlich nicht, sondern eher den Zauber der Einfachheit. Mit dem gibt sich unser Hund ja ohnehin zufrieden, so lang er nur bei uns sein darf. Für meine junge Mudi-Dame war es erst die zweite Hüttentour in ihrem Leben. Daher stand sie im Zeichen des Lernens, des Vertrauenfassens und noch viel mehr wollte ich ihr einfach die Freude am Bergsteigen vermitteln.
Wir teilten daher den ersten Tag noch auf und übernachteten im Rauhjoch-Biwak, um die jungen Hundeknochen nicht zu überlasten. So ganz nebenbei lernte Greta Hüttenleben kennen: Sie schlief erschöpft in der vollen Gaststube, blieb allein im Zimmer, erfreute sich an ihrem ersten echten Knochen, den ihr der Hüttenwirt der Zwickauer Hütte strahlend überreichte und blieb stubenrein. Außerdem stand bei unserem Teilaufstieg zum Seelenkogel viel Bergsteigerwissen für Junghunde auf dem Programm – aber dazu an anderer Stelle mehr.
Kurzum: Diese Hüttentour in Südtirol ist mit Hund möglich und auch für einen unerfahren, mutigen und konditionell schon einigermaßen trainierten Hund problemlos möglich. Alle Gipfelabstecher sind jedoch nur für sehr erfahrene Hund-Mensch-Teams, einem guten Bergsteigergeschrirr und sehr viel Vertrauen auch bei schwierigen Kletterstellen zu empfehlen.
Durch die Ötztaler Alpen – die Etappen
Das Wetter bei meiner Hüttentour würde man typischerweise als durchwachsen bezeichnen. Wobei die wenigen sonnigen Stunden durch viel Nebel und Wolken aber nur wenig Regen abgelöst wurden. Das ergabt zuweilen eine fantastische Herbststimmung mit immer wieder aufreißenden Wolkenlöchern. Dafür habe ich meist gern in Kauf genommen, hier und da mal etwas zu wenig Sicht gehabt zu haben.
Etappe 1: Von Pfelders zur Zwickauer Hütte
In einem Seitental des hinteren Passeiertals liegt Pfelders (1), wo diese Hüttentour startet. Nur kurz ist es dabei gemächlich und der Weg führt gemäßigt durch eine schöne Almlandschaft. Dann aber folgt der Aufstieg, der ziemlich steile Höhenmeter parat hält. Es wird eine Weile dauern, bis wir das Grün unter unseren Schuhen und Pfoten gegen kargen Fels tauschen. Bis dahin darf man sich auch über viele wild rauschende Bäche freuen.
Irgendwann taucht in Richtung Himmel das Rauhjoch-Biwak (2) auf, das mit seiner silbernen, achteckigen Form auf Stelzen etwas an Raumschiff Enterprise erinnert. Bis wir es aber erreichen, sind noch einige Höhenmeter zu gehen – die sich durchaus etwas ziehen. Bei Schlechtwetter bietet das Biwak eine trockene Pausenmöglichkeit. Auch wenn mein Weiterweg zur Zwickauer Hütte fast ausschließlich im Nebel verläuft, so braucht es nicht viel Fantasie, um zu wissen, wie schön der Ausblick bei Sonne wohl wäre. Aber auch der Nebel hat etwas zu bieten: Den prächtigen Steinbock zum Beispiel, der plötzlich für ein paar Sekunden aus dem Nebel auftaucht, bevor ihn die weiße Masse wieder verschluckt. Oder diese Stelle am Wegesrand, wo unzählige Edelweiß stehen. So schöne sieht man wirklich selten.
Schmal, hin und wieder auch etwas ausgesetzt und ziemlich steil führt der Weg weiter hinauf, bis endlich die Zwickauer Hütte (3) erreicht ist. Die Landschaft um die Hütte ist schroff, sogar etwas abweisend. Irgendwo „quaken“ ein paar Schneehühner. Gletscher, Steinwüsten, Seelenkogel und der schroffe Gurgler Kamm machen etwas her. Immerhin befindet sich die Hütte auf einer Höhe von 2.989 Metern.
Etappe 2: Von der Zwickauer Hütte zur Stettiner Hütte
Am zweiten Tag zeigt sich das Wetter erst freundlicher, so dass ich Lust bekomme, den Seelenkogel noch zu versuchen. Von der Hütte weg führt ein anspruchsvoller Steig hinauf, der hier und da auch den Einsatz der Hände mit etwas Kletterkünsten erfordert. Wanderhund Greta muss immer mal wieder ihre Angst überwinden, so dass ich schließlich auf die anspruchsvolle Gratkletterei vor dem Gipfel verzichte. Dennoch ist das eine fantastische Trainingseinheit!
Zurück an der Zwickauer Hütte (1) greift Greta erst einen extra dicken Knochen ab, ehe wir uns auf den Weg zur Stettiner Hütte machen. Auf den kleinen, manchmal etwas ausgesetzten Pfaden ist dieser stille Übergang ein Traum. Klar, ich sehe nicht viel, denn den ganzen Tag ziehen Nebelschwaden durch mein Blickfeld. Aber: wenn die Wege trotzdem Freude machen, sagt das viel aus. Bei Ankunft an der Stettiner Hütte (2) – genauer gesagt schon kurz davor – treffe ich auf die Route des Meraner Höhenweges. Damit wird es schlagartig voller. Vor allem die erst ein Jahr nach einem Lawinenabgang wieder geöffnete Hütte gleicht doch eher einem Berghotel, als einer beschaulichen Hütte. Noch stehen die Notprovisorien, mit denen die Hütte die letzten Jahre ihren Betrieb gesichert hat, so dass ich hier mit Greta Quartier beziehen kann.
Etappe 3: Von der Stettiner Hütte nach Pfelders
Das Wetter für den nächsten Tag ist endlich freundlich angekündigt. Nach nach einer nebligen Nacht stehen die Chancen also gut, einen herrlichen Sonnenaufgang zu erleben. Ich stelle den Wecker früh und werde nicht enttäuscht. Was für eine morgendliche Stimmung! Ich will nicht übertreiben, aber das könnte tatsächlich der schönste Sonnenaufgang sein, den ich je erlebt habe. Ein Mitarbeiter der Hütte ist sich zumindest sicher, dass es der (bis dato) schönste Sonnenaufgang der Saison ist. Die Bilder sprechen für sich.
Da man ja bekanntlich gehen soll, wenn es am schönsten ist, geht es anschließend von der Stettiner Hütte (1) nur noch auf dem Meraner Höhenweg hinab. Die vielen Höhenmeter bis nach Pfelders ziehen sich, der Weg ist nun deutlich ausgebauter, aber landschaftlich mit Blick ins Pfelderertal dennoch sehr schön. Wer mag kann an der Lazinser Alm (2) noch gemütlich einkehren, ehe man am Ziel Pfelders (3) ankommt.
Hinweise und Planungshilfen
Da diese Hüttentour als Rundtour angelegt ist, erübrigt sich die Rückreise. Parkplätze stehen in Pfelders (kostenpflichtig) zur Verfügung. Auch der öffentliche Nahverkehr ist in Südtirol gut ausgebaut, so dass vom Bahnhof Meran der Bus nach St. Leonhard fährt. Von hier führt eine Buslinie über Moos nach Pfelders.
Orientierung
Einen Wanderführer zur Tour habe ich nicht dabeigehabt. Bei den Karten habe ich die Wanderkarte aus dem Kompass-Verlag Naturpark Texelgruppe – Meraner Höhenweg/Parco Naturale Gruppo di Tessa – Alta Via di Merano: Wanderkarte mit Kurzführer, Radrouten und alpinen 1:25000 (KOMPASS-Wanderkarten, Band 43) dabeigehabt, die uns gute Dienste erwiesen hat. Grundsätzlich gilt für die ganze Tour: Die Markierungen zwischen den Wegpunkten (im Text fett und mit Zahl in Klammern) sind eine gute Orientierungshilfe und meist auch beschildert.
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Alle Wanderungen auf Komoot
komoot ist mein Routenplaner der ersten Wahl. Die hier vorgestellte Hüttentour habe ich dir in der Collection Hüttentour mit Hund in Südtirol zusammengestellt. Du kannst dir die einzelnen Touren abspeichern, sie anpassen und dann offline verfügbar machen, so dass du damit unterwegs auch ohne Netz navigieren kannst. Verlaufen ist damit nahezu ausgeschlossen.
Hütten auf der Mehrtagestour
Die Gegensätzlichkeit der beiden Hütten, auf denen bei dieser Tour Station gemacht wird, könnte größer kaum sein. Da ist einmal die urige Zwickauer Hütte, die von Hüttenwirt Heinz Leitner von einem echten Urgestein geführt wird. Er ist einer, der sich Zeit für jeden Gast nimmt. Der sogar nachmittags fragt, was er abends zubereiten soll. Einer, der einen dicken Knochen für Greta hat und dessen Hütte Räuchermänner aus dem Erzgebirge und ein Bild von ihm mit Reinhold Messner ziert. Urig. Authentisch. Einfach. Hier fühlt man sich als einfache/r Bergsteiger:in wohl. Die neu erbaute Stettiner Hütte hingegen zieht ein anderes Klientel an. Dafür bietet die Südtiroler Hütte viel mehr Komfort. Herrlich gelegen und gut geführt ist sie trotzdem.
Zwickauer Hütte, 2989 m
Anfang Juli-Ende September
72 Plätze in Zimmern und Lagern
Mit Hund nach Voranmeldung im Winterraum oder in der Stube
Stettiner Hütte, 2875 m
Ende Juni-Ende September
76 Betten in Zimmern
www.13h.de
Hund darf mit, es gibt einen eigenen Raum im Parterre, 10 € / 2023 auch Übernachtungsoptionen im Provisorium
2 Kommentare zu “Südtirol: Hüttentour durch die Ötztaler Alpen”
Liebe Romy,
vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht. Da habt ihr mal wieder ein schönes Stück Erde erobert. Danke für diese tollen Impressionen. Ich werde im kommenden August auch meine erste Hüttentour mit meinem Murphy (Jack Russel Terrier) machen. Wir werden DEINE Variante des Prättigauer Höhenwegs gehen und zumindest ich bin jetzt schon mega aufgeregt. Dein Buch hat mir zur Vorbereitung und Planung schon sehr viel geholfen. Einige Fragen sind jedoch offen geblieben…so zum Beispiel: Wie muss ich mir das schlafen mit Hund in der Stube vorstellen? Dort wird ja abends und auch morgens betrieb sein. Vielleicht kannst du mir oder jemand anderes diese Frage beantworten 🙂
Es wird auf jeden ein super Abenteuer für mich und Murphy.
In völliger Vorfreude sende ich dir und Greta ganz liebe Grüße
Hallo liebe Romy, kannst du mir bitte eine Einschätzung für den Weg zwischen Zwickauer Hütte und Stettiner Hütte geben. Du gibts als Schwierigkeit T3 an, ich hab jedoch in eine anderen Quelle T5 gelesen. Das verunsichert mich jetzt. Ich will im September den Weg mit meiner Hündin gehen. Will jedoch mich und sie nicht mit der Schwierigkeit überfordern und T5 ist mir doch etwas zu aufregend. Danke schonmal Jasmin & Mika.