Allein auf dem König Watzmann
Auf den Watzmann strömen in den Sommermonaten laut lokalen Wanderern bis zu 400 Menschen täglich. Allein dies wäre für mich Grund genug, nie auf diesen beeindruckenden Berg zu steigen. Allerdings habe ich eine Lösung gefunden, wie ich den König Watzmann ganz für mich allein hatte. Ende November 2018 stieg ich an einem Tag hinauf zum geschlossenen Watzmannhaus, fast bis zum Hocheck, und verbrachte eine Nacht allein im Winterraum der DAV-Hütte. Ich hatte diesen mächtigen Berg wirklich ganz für mich allein! Und zwar mehr als 20 Stunden lang. Es war eines meiner schönsten Abenteuer, das ich je am Berg erlebt habe.
1. Faszination Watzmann
2. Meine Ausrüstung
3. Meine Wanderung zum Watzmann
4. Übernachtung im Winterraum des Watzmannhauses
5. Planungshilfen, GPS-Track und Links
Faszination Watzmann
Es ist einer der höchsten Berge der Berchtesgadener Alpen und fast jeder hat den Watzmann schon mal gesehen, zumindest aber von ihm gehört. Zahlreiche Mythen ranken sich um das Bergmassiv mit seiner außergewöhnlichen Form. Für gewöhnlich gebe ich ja nicht sonderlich viel auf Begriffe wie „mächtig“, „sagenumwoben“ oder gar „Schicksalsberg“. Aber als ich da auf dem Rücken des schroffen Watzmanns sitze, allein zwischen diesen riesigen Felstürmen, fühle ich ganz genau, was diese Worte mit dem Watzmann zu tun haben. Es ist ein spürbar mächtiger Berg mit einer Ausstrahlung, die mir zwischendurch schon mal eine Gänsehaut über meinen Rücken jagt.
Kurzes zum Watzmann für die Allgemeinbildung
Der Watzmann besteht aus drei Hauptgipfeln, dem Hocheck (2.651m), der Mittelspitze (2.713m) und der Südspitze (2.712m). Der leichteste zu besteigende Gipfel ist das Hocheck vom Watzmannhaus, das auch mein Ziel für die Nacht ist. 1800 erfolgte die Erstbesteigung des höchsten Punktes, der Mittelspitz. 68 Jahre später erfolgte die erste Überquerung der drei Gipfel, also die Watzmannüberschreitung. Warum der Watzmann auch Schicksalsberg heißt? Die Besteigung des Watzmanns über die Ostwand, der höchsten Felswand der Ostalpen, erforderte bereits über 100 Tode.
Watzmann, Watzmannkinder, Watzmannfrau und der Hundstod
Als ich da so alleine auf dem Watzmann sitze, wundert es mich kaum noch, das es ob der Ausstrahlung dieses Berges die Watzmannsage gibt. Denn nicht nur der Watzmann mit seinen drei Gipfeln, sondern auch die danebenstehenden Gipfel haben allesamt eine beeindruckende Form. Die Legende besagt, dass König Watze ein grausamer Herrscher über das Berchtesgadener Land war und von Gott für seine Gräueltaten mitsamt seiner Familie zu Stein verwandelt wurde. Heute sichtbar als Watzmann, Watzmannfrau und Watzmannkinder. Und auch die Hunde des Königs stürtzten in den Tod, so dass es auch einen Berg mit dem Namen Hundstod in Sichtweite gibt. Mit meiner Lotte zumindest steige ich da nicht drauf!
Meine Ausrüstung
Da ich ja überwiegend im Sommer in den Alpen unterwegs bin, galt es für diese Tour mit Übernachtung im Watzmannhaus noch einmal meine Ausrüstung zu überdenken. Aber das war leichter als gedacht, wenn man sich an das Zwiebelprinzip hält. Zudem ist der Winterraum des Watzmannhauses beheizbar, so dass es gar nicht so viel mehr brauchte, als sonst.
Am Körper hatte ich
- Unterwäsche
- Unterhemd aus Merinowolle (dünn)
- Langarmshirt aus Merinowolle (400g)
- normale Leggings
- Wanderhose ungefüttert
- Fließ
- Softshelljacke
- normale Wanderschuhe
- Wanderstöcke
Im Rucksack hatte ich
- Leggings und Unterhemd zum Wechseln bei Nässe (nicht genutzt)
- 2. Fließ
- Regenjacke Hardschell (nicht genutzt)
- dünnen und dicken Buff
- Mütze
- Handschuhe
- Daunenschlafsack, 3 Saisons bis -1°
- 1 Hilfe-Set inkl. Thermodecke (nicht genutzt)
- Gaskocher inkl. Essen, Teebeutel
- Wanderführer, Karte und Buch
- Strinlampe inkl. Ersatzbatterien
- Anzünder und Kerze
- Trinkbecher und Isolierkanne
- kleines Handtuch, Kosmetika
- Grödel (nicht genutzt)
- Taschenmesser und Besteck
- Sonnenbrille
- 4 Liter Flüssigkeit
Die Ausrüstung war soweit gut für die Tour zusammengestellt. Bis ganz zum Hocheck habe ich es ja nicht geschafft, wäre ich jedoch hochgegangen, wären die Grödel wichtig gewesen, denn die letzten Höhenmeter waren wohl ziemlich vereist. Bei Schneelage wären für den Auf- und Abstieg zum Watzmannhaus statt Grödel Schneeschuhe angebracht. Wenn Schnee liegt, kann man natürlich auch die Flüssigkeit reduzieren, da man am Ofen problemlos am Abend Schnee schmelzen kann. Für mich waren die vier Liter ohne Schnee ausreichend.
Meine Wanderung zum Watzmann
Los geht es Freitagmorgen kurz nach sieben Uhr an der Wirmbachbrücke, dem klassischen Einstieg in die Tour hinauf zum Watzmannhaus. Da mein letzter Aufenthalt in den Alpen schon wieder 6 Wochen zurückliegt, fluche ich ein wenig darüber, dass die Tour gleich richtig Fahrt aufnimmt. Denn mit Einlaufen ist hier nix, es geht gleich ordentlich bergan. Bis zum Watzmannhaus liegen etwa 1.300 Höhenmeter im Aufstieg auf etwa 7 Kilometern vor mir. Aber der Wettergott hat es gut mit mir an diesem letzten Novemberwochenende gemeint. Rasch steigt die noch wärmende Sonne auf und zaubert die klare Berglandschaft an diesem traumhaften Herbsttag in mein Blickfeld.
Die Wege hinauf zum ersten Zwischenziel nach etwa 500 Höhenmetern, der Stubenalm, gestaltet sich recht einfach. Auf mal mehr oder weniger breiten Wegen ohne technische Herausforderungen geht es stetig bergan. Mit Erreichen der geschlossenen Stubenalm, eröffnet sich mir das erste Mal der Blick auf den Watzmann und sein darunterliegendes, gleichnamiges Haus. Ich muss bei dem Anblick Grinsen, so sehr freue ich mich auf das Abenteuer! Aber mein Schlaflager für die Nacht scheint noch nicht in greifbarer Nähe. Hinter gegenüberliegenden Bergen steigt Hochnebel vom Königsee auf, was ein mindestens genauso schöner Anblick ist und mir die Stubenalm perfekt für eine Frühstückspause erscheint.
Nach meiner Pause verliere ich mein Ziel kaum noch aus den Augen, denn immer näher rückt das Watzmannhaus. Auch wenn hier auf den schattigen Wegen schon etwas Schnee liegt, sobald ich um die nächste Kurve gehe, ist er weg. Das macht mir Mut, dass ich es vielleicht doch noch zum Hocheck, dem ersten Gipfel schaffe. Denn die Wetterprognose hat mir einen Strich durch meinen Plan gemacht. Ich wollte an einem Tag hinauf zum Watzmannhaus, am zweiten hinauf zum Hocheck und die ganze Strecke wieder hinab. Allerdings soll es morgen schneien und neblig werden, so dass ich die ganze Zeit überlege den Aufstieg von etwa 2.000 Höhenmetern bis zum Hocheck an einem Tag zu machen.
Aber eines will ich auf keinen Fall! Mich selbst um den Genuss dieses Abenteuer bringen. Ich bremse meinen Kopf immer wieder, denn nichts muss, alles kann. Nach etwa einer weiteren Stunde Aufstieg erreiche ich schließlich die Falzalm. Hier ist es an diesem klaren Herbsttag so schön, dass ich einfach eine weitere Pause einlegen muss. Die Sonne steht hinter dem kleinen Watzmann, ich blicke auf die Watzmannkinder vor blauem Himmel und sitze an einem Viehunterstand, der mich vor Wind schützt und genieße die Sonne. Die Kraft, die ich tanke, brauche ich auch für die letzten, durchaus steilen 300 Höhenmeter.
Gegen 12:00 erreiche ich schließlich das Watzmannhaus. Meine Muskeln melden eine dringende Pause an. 1.300 Höhenmeter aus dem „Kaltem“ sind nicht so ganz ohne. Also gönne ich mir erst einmal eine längere Mittagspause, in der ich sogar mal eine andere Menschenseele treffe. Etwa sechs Wanderer werden es insgesamt an diesem Tag. Die Stimmung ist etwas Besonderes. Alle sind entspannt, man bleibt kurz stehen, fragt woher man kommt, wohin man geht. Was bin ich froh, zu dieser Zeit hier zu sein. Als ich so am Watzmannhaus sitze, mein Essen mit zwei Bergdohlen teile, gesellt sich ein Trailrunner zu mir, der eben vom Hocheck kommt. Auch er empfiehlt mir aufgrund des Wetters noch heute in Richtung Hocheck zu gehen und Grödel mitzunehmen.
Also wage ich den Versuch, auch wenn die Zeit bis zum Dunkelwerden knapp ist und meine Muskeln definitiv etwas anderes wünschen. Zumindest kann ich einen Teil meines Gepäcks im Winterraum einlagern. Ich arbeite mich Stück für Stück in Richtung Hocheck vor, denn die Orientierung auf dem Watzmann ist, wenn man allein auf dem Berg ist, nicht immer einfach. Da steht man, wenn man nicht aufpasst, mal in einer Geröllrinne statt auf dem Wanderweg. Zudem liegt schon Schnee und Eis auf dem Weg. Aber mit ein bisschen Konzentration und ein paar Klettereinlagen, komme ich gut voran.
Nachdem ich für weitere 400 Höhenmeter jedoch fast 1,5 Stunden brauche, wird mir klar, ich kann es nicht bis zum Dunkelwerden wieder nach unten schaffen. Und nur mit Stirnlampe will ich den schwierigen Abstieg auch nicht machen. Was meine Muskeln sagen? Ihr könnt es euch denken. Sei stärker als dein Ego, sage ich mir! Also mache ich Aug in Aug mit dem Gipfel des kleines Watzmanns eine Pause, koche mir einen Tee und eine Suppe und genieße, dass ich das alles ganz allein für mich habe. Wirklich! Ganz allein. Seit etwa einer Stunde habe ich niemanden mehr erblickt, nicht mal von Weitem. Im Anschluss an meine Pause geht es auf gleichem Weg wieder hinab.
Übernachtung im Winterraum des Watzmannhauses
Nachdem ich am Fuße des Watzmannhaus noch einen längeren Moment diese total Stille genossen habe, mache ich mich daran, mein Nachtlager herzurichten. Ich mache Brennholz, feuere den Kamin an, koche mir Tee, später auch eine Suppe und breite mich im Matratzenlager aus. 12 Schlafplätze aus denen ich wählen kann hat das Watzmannhaus. Nachdem ich mich an die Schatten gewöhnt habe, die meine Stirnlampe hektisch im Raum wirft, verfliegt auch mein mulmiges Gefühl. Draußen ist’s dank des Mondes nicht mal dunkel. Ich schlafe gut, auch wenn ich immer mal wach werde und zwischendurch mein Essen vor den Mäusen in Sicherheit bringe. Aber wer fast 10 (!) Stunden schläft, der muss gut geschlafen haben.
Regeln für die Nutzung des Winterraums
Ich bin so froh, dass es Winterräume in den Bergen gibt, die uns allen ein hohes Maß an Individualität ermöglichen. Ich hoffe, wir kommen noch lange in diesen Genuss, Winterräume benutzen zu dürfen! Daher missbraucht den hohen Vertrauensvorschuss der Hüttenwirte bitte nicht und haltet euch an die Regeln.
- ruft bei Fragen im Vorfeld den Hüttenwirt an
- zahlt den Kostenbeitrag
(Watzmannhaus inkl. Holz derzeit: DAV-Mitglieder 12€/sonst 22€) - bei „großem Geschäft“ Bio-WC benutzen
- hinterlasst eurem Nachfolger eine Portion trockenes Brennholz
- nehmt keine Souvenirs mit
- macht sauber, bevor ihr den Raum verlasst
- nehmt euren Müll weder mit ins Tal
- tragt euch ins Hüttenbuch ein
- schließt vor dem Verlassen Fenster und Türen
- verlasst die Hütte nur, wenn das Feuer gelöscht ist
- informiert den Hüttenwirt, wenn etwas defekt ist oder das Holz ausgeht
Der Morgen am Watzmannhaus macht mich einfach sprachlos! Es ist mild, die Sonne geht über dem kleinen Watzmann auf und meine Freunde, die beiden Bergdohlen, frühstücken mit mir. In der Ferne sehe ich träge Gämsen über die Felsen klettern. Was soll ich dazu sagen? Ein Traum! Aber da lasse ich besser Bilder sprechen. Der Abstieg erfolgt über den etwas schwierigen Falzalmsteig.
Planungshilfen, GPS-Track und Links
Ich habe etwa drei Wochen vor der Tour mit meiner Planung begonnen, da es für mich die erste Übernachtung in einem Winterraum und auch die erste herbstlich-winterliche Tour in den Alpen für mich war. Grundsätzlich bin ich davon ausgegangen, eine Wanderung mit Schneeschuhen machen zu können und habe mir dazu das Buch „Winterwandern – Berchtesgaden – Chiemgau – Salzburg“ aus dem Rother Verlag als Rezensionsexemplar schicken lassen.
Das Buch war mir eine hervorragende Hilfe! Es bietet 50 Touren, die man auch im Winter bei entsprechenden Verhältnissen gehen kann, viele davon auch mit Schneeschuhen. Darüber hinaus bietet es für etwas unerfahrene Winterwanderer wie mich wirklich sinnvolle Tipps am Anfang des Buches. Nicht zuletzt – und das ist für mich ein sehr wichtiges Thema – enthält es nur vom DAV ausgezeichnete naturverträgliche Winterrouten. Ich habe übrigens schon fünf gelbe Zettel in das Buch geklebt, die meine Wunschrouten für die nächste Zeit markieren.
Das Buch kannst du hier bestellen Winterwandern Berchtesgaden – Chiemgau – Salzburg*
Als Karte habe ich die Nationalpark Berchtesgaden, Watzmann: Wegmarkierung, Ski- und Schneeschuhrouten* dabei gehabt.
Und nicht zuletzt will ich mich bei den Blogger-Kollegen von mehr-berge.de bedanken! Sie haben mir einen wunderbaren Tipp für eine ähnliche Tour in den Berchtesgadener Alpen gegeben: Einsame Winterraum-Tour: Mit Schneeschuhen auf‘s Kärlingerhaus. Ich war lange hin und her gerissen zwischen dieser und der Tour zum Watzmannhaus. Auch die Tour zum Kärlingerhaus ist übrigens im Rother-Winterwanderführer enthalten und ich werde sie bestimmt irgendwann mal nachwandern!
Das war meine Tour
Download: GPX Wanderung zum Watzmannhaus
*Wenn du diesem Link folgst und das Produkt kaufst bzw. buchst, erhalte ich eine kleine Provision. Der Preis erhöht sich dadurch für dich nicht. Einnahmen wie diese helfen mir, meinen Reiseblog und Social Media kostenfrei zu betreiben.
Ich würde gern wissen: Würdest du eine Nacht allein auf dem Berg schlafen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
10 Kommentare zu “Allein auf dem König Watzmann”
Hallo Romy,
Vielen Dank für die Erwähnung unserer Tour vom letzten Jahr zum Kärlingerhaus. Den Watzmann werden wir wohl nächstes Jahr auch mal angehen – vielleicht nach deinem Vorbild mit Übernachtung im Winterraum 😉 Dachte eigentlich der Winterraum des Watzmannnhauses wäre dieses Jahr wegen der Baumaßnahmen nicht zugänglich… deshalb waren wir vorletztes Wochenende dann am gemütlichen Brünnsteinhaus statt im Berchtesgadener Land.
Liebe Grüße
Thomas
Hallo Thomas,
ich war auch nicht sicher, hatte aber von einem Baustopp gelesen und dann einfach beim Hüttenwirt angerufen. Für mich war es allein gut, dass es Handyempfang am Watzmannhaus gab, das ist am Kärlingerhaus glaube ich nicht der Fall?! Aber irgendwann nächtige ich da auch noch mal, eure Tour klingt wirklich super!
Liebe Grüße
Romy
Mutig, mutig! Ein toller Bericht!
Danke dir, war ja auch eine sehr tolle Tour ????
Wow, tolle Tour! Wir waren vor einigen Jahren mal dort im Urlaub, aber wir haben den Watzmann nur von unten auf dem Weg zum Röthbachfall bestaunt.
Und im Winter trauen such das bestimmt nicht viele, Respekt????
Ach, so mutig war es gar nicht, aber unglaublich schön, ich könnt gleich wieder los…
Hallo Romy,
der Winter in den Bergen hat schon was Faszinierendes weil man mehr alleine ist. Vielleicht zur Info: wenn viel Schnee liegt kann man kurz unterhalb des Watzmannhauses nicht mehr links den Normalweg gehen sondern muss rechts ziemlich steil seilversichert aufsteigen. Darauf sollte man ausrüstungsmäßig vorbereitet sein, evtl. Steigeisen je nach Vereisung.
Viele Grüße Alexander
Klugscheißerkommentar:
Der Watzmann ist nicht der höchste Berg der Berchtesgadener Alpen. Oder ist der Watzmann mit seinen 2713m höher als 2941m? Es schmälert nicht im Geringsten den Bericht 😉
Der Watzmann bleibt ja der höchste, gesamt in Deutschland stehende Berg.
Danke Klugscheißer 😉
Ich muss das dann wohl noch ändern.
Liebe Grüße, Romy
Hey! Gibt es Decken im Winterraum? LG