Alpi Orobie – Trekking in den Bergamasker Alpen
Wo sich Steinböcke und Wanderer gute Nacht sagen
Die Bergamasker Alpen (itl. Alpe Orobie) sind so etwas wie ein weißer Fleck in Deutschlands Wanderatlas. Die Internetrecherche ergibt kaum brauchbare Informationen – Websites zu den Rifugios: Fehlanzeige. Eigentlich Grund genug, um sich für eine andere Alpenregion zu entscheiden. Vor allem, wenn man wenige Tage später schon loswill. Oder einer mehr, genau hier das erste Trekking der Saison zu starten. Ich gebe zu, die große Portion Ungewissheit ist reizvoll und abschreckend zugleich. Aber ich habe den Mut und den Rest macht das Glück, oder so ähnlich. Ich starte also nach einem schneereichen Winter im Süden der italienischen Alpen und werde fluchen, staunen und meinen unvergesslichsten Moment des ganzen Jahres erleben: Ich werde nicht dem Wanderer neben mir in der Hütte, sondern dem stattlichen Steinbock neben meinem Zelt eine gute Nacht wünschen.
Zwischen dem Comer See im Westen und dem Gardasee im Osten liegen die Bergamasker Alpen unweit von Bergamo entfernt. Hier hält der Sommer etwas früher Einzug und etwas länger durch, was diese Region gerade außerhalb der Haupt-Wandersaison in den Alpen besonders attraktiv macht. Bis auf wenige Passagen ist es in den Bergamasker Alpen sehr still und einsam. Allerdings trifft man, wenn man denn jemanden trifft, Italiener. Und von diesem quasseligem Schlag Mensch reichen in der Regel zwei aus, um den Berg zu beschallen. Mich persönlich stört das meist nicht, denn im Gegenzug sind sie mindestens so freundlich wie gesprächig.
Die Bergamasker Alpen sind touristisch nicht sonderlich hergerichtet. Hier findet man wilde Ecken ebenso wie infrastrukturell genutzte Stauseen. Es gibt gut gepflegte Wege ebenso wie überwucherte, schmale Pfade, die sich erst auf den zweiten Blick zu erkennen geben. Ich fand das sehr reizvoll. Steinböcke wohl auch. Denn von diesen imposanten Bergbewohnern sah ich jede Menge – manchmal sogar zum Greifen nah.
1. Überblick zum Trekking
2. Sentiero delle Orobie Orientali
3. Mit Hund in den Bergamasker Alpen
4. Wildcampen in der Lombardei
5. Etappen und Highlights
6. Anreise & Planungshilfen
7. Hütten auf dem Trek
Überblick zum Trekking
Mein Trekking ist keine Gipfelstürmer-Tour. Dazu war die Schneesituation Anfang Juni 2021 zu prekär und mein Ziel war vielmehr, nach diesem langen Corona-Winter endlich wieder die Schönheit der Berge genießen zu dürfen. Und genau das habe ich auch bekommen: sanfte Graslandschaften, schroffe Felsen, riesige Bergseen und Weitsichten, die ich stundenlang genießen kann. Dazu eine Portion Herausforderung in Sachen Wegfindung, Schneefeldquerungen und einige Passagen in schwierigem Gelände. Mehr brauchte ich nicht, um glücklich zu sein.
Neben ein bisschen Kondition braucht es vor allem zu Beginn und gegen Ende der Saison Trittsicherheit und auch Erfahrung im Queren von Schneefeldern. Ein Teil der Tour führt im schattigen Norden entlang, wo sich der Winter lange hält. Mit etwas Erfahrung sind dies aber keine unlösbaren Situationen. Hier und da gibt es auch mal eine mit Drahtseilen gesicherte Passage, die aber letztendlich auch nicht besonders herausfordernd sind. Kurzum: Für mich eine ideale Tour um in die Alpensaison zu starten.
- Beste Reisezeit: Anfang Juni bis Mitte Oktober
(bei guter Wetterlage auch 2 Wochen früher/länger) - Schwierigkeit: Mittel (T1-T3)
- Dauer: 4 Tage
- Länge: 56 km
- Höhenmeter Aufstieg: 3000m
- Höhenmeter Abstieg: 3000m
Etappenübersicht Hüttentour Bergamasker Alpen
Die hier vorgestellte Tour ist als Rundtour konzipiert. Ich bin sie zwar ein klein wenig anders und auch einen Tag länger gelaufen, würde dies aber aufgrund der Hüttensituation (geschlossenes Rif. S. Maria in Leten) nicht empfehlen. Daher diese Variante:
Ausgangspunkt | Endpunkt | Strecke | Aufstieg | Abstieg | Dauer | |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Valcanale | Rif. Capanna 2000 | 11.7km | 1300m | 370m | 5:30 |
2 | Rif. Capanna 2000 | Rif. Laghi Genelli | 10.6km | 760m | 720m | 5:00 |
3 | Rif. Laghi Genelli | Rif. Baita Cernello (Rif. Lago Nero) | 9.3km | 440m | 420m | 4:20 |
4 | Rif. Baita Cernello (Rif. Lago Nero) | Valcanale | 15.5km | 580m | 1470m | 6:00 |
Gesamt | 47.1km | 3000m | 3000m | 20:45 |
Wegverlauf
Download: GPX Trekking Bergamasker Alpen
Sentiero delle Orobie Orientali
Wer lieber einem Weg folgen will, der auch einen Namen hat, dem sei der Sentiero delle Orobie empfohlen. Der Höhenweg führt vom Valcanale durch verschiedene Täler der Bergamasker Alpen und gilt als anspruchsvolle Hüttentour. Er führt nicht nur durch eine raue Landschaft, sondern hält auch einige exponierte Passagen bereit. Man braucht absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und darf auch kleine Kletterpassagen nicht scheuen.
Wegverlauf
Download: GPX Sentiero delle Orobie Orientali
Literatur
Wer sich für den Sentiero delle Orobie Orientali interessiert, findet im Hüttentrekking Band 1: Ostalpen: 32 Mehrtagestouren von Hütte zu Hütte (Rother Selection) die passende Wegbeschreibung, samt Hüttenempfehlungen, Tourenbeschreibung und einzelnen GPX-Daten in gewohnter Rother-Qualität. Der Weg wird als eine von 32 Mehrtagestouren vorgestellt. Achtung: es gibt noch einen zweiten Fernwanderweg in den Bergamasker Alpen mit ähnlichem Namen, den Sentiero delle Orobie Occidentali.
Mit Hund in den Bergamasker Alpen
Diese vorgeschlagene Mehrtagestour eignet sich leider ebenso wenig wie der Sentiero delle Orobie Orientali für eine Hüttentour mit Hund. Die Rifugios erlauben die Mitnahme des Hundes ins Zimmer nicht, meist nicht einmal in den Gastraum. In der Regel steht zwar ein Übernachtungsplatz für den Hund zur Verfügung, jedoch ist es eher ein Zwinger, den unsere Hunde wohl als Zumutung empfinden. Die Italiener sind zwar meist sehr hundelieb, die Bestimmungen der Alpenvereine sind jedoch meist sehr streng. Was aber in der Regel ganz gut funktioniert ist, neben den Rifugios sein Zelt aufzuschlagen. Dann kann man Sanitäranlagen und Verpflegung der Hütten in Anspruch nehmen und dennoch neben seinem Hund schlafen. Ich hatte bei diesem Trekking aufgrund der im Vorfeld schlechten Informationslage meine Zeltausrüstung ohnehin dabei.
Darüber hinaus sollte dieses Trekking den bergerfahrenen Hund nicht außergewöhnlich fordern. Eine einzige Eisenleiter hinauf zu einer Staumauer auf der vierten Etappe bedarf etwas Handarbeit, um den Hund hinaufzubekommen. Auch weitere kurze versicherte Passagen gibt es auf dieser Etappe, aber diese hat Lotte überwiegend ohne Leine flott gemeistert. Der obligatorische halbe Liter Wasser sollte immer mitgeführt werden. Ich hatte selbst im Juni teilweise Probleme, Wasser auf dem Weg zu finden. Das wird erfahrungsgemäß im Laufe des Sommers eher noch schwieriger.
Wildcampen in der Lombardei
Wo wir eben beim Zelten sind. Wildcampen in den Alpen ist ja grundsätzlich eher eine schwierige Nummer. Oft ist es verboten, manchmal eine Grauzone aber immer ist es unübersichtlich. In Italien regeln wie in anderen Ländern die Provinzen (oder Bundesländer/Kantone) das Wildzelten unterschiedlich. Während in Südtirol ein strikter Kurs gefahren wird, ist die Lage in der Lombardei etwas einfacher. Soweit ich es korrekt recherchiert habe, hat die Provinz Lombardei keine eigene Regelung zum Wildcampen getroffen. Damit sollte biwakieren (auch im Zelt) im alpinen Raum für eine Nacht erlaubt sein.
Ich persönlich achte ohnehin immer sehr darauf, mit meiner Anwesenheit die Tierwelt möglichst nicht zu beeinträchtigen. Mir geht es nie um den besten Zeltspot, sondern um den Natur-verträglichsten. Wenn ich kann, stelle ich mein Zelt neben die Hütte. Manchmal auch neben unbewartete Hütten, also in die Nähe von Orten in denen der Mensch regelmäßig zugegen ist und die Tierwelt an unsere Anwesenheit gewöhnt ist. Logisch, dass ich auch dem Credo folge, nichts als Fußabdrücke zu hinterlassen.
Etappen und Highlights
Die Vorfreude auf diese Trekking-Tour ist enorm. Ein zäher Corona-Winter liegt hinter mir und ich wartete sehnsüchtig darauf, endlich wieder in meine geliebten Berge fahren zu dürfen. Meine Kondition war trotz zahlreicher Mittelgebirgswanderungen nicht unbedingt in Bestform und eigentlich wollte ich ja wo ganz anders hin. Aber in den Bergen hielt sich der Winter in diesem Jahr hartnäckig, so dass ich recht spontan entschied in die südlichen Bergamasker Alpen zu fahren. Eine gute Entscheidung!
Etappe 1: Von Valcanale zum Rifugio Capanna 2000
Von Valcanale (1) geht es zunächst die Straße ein Stück weiter hinauf. Vorbei am Laghetto di Valcanale führt die Tour einige Meter Richtung Rifugio Alpe Corte, ehe wir mit der Straße eine scharfe Linkskurve machen. Der nun folgende Abschnitt ist nicht unbedingt ein famoser Auftakt, denn unsere Route führt uns zunächst zu einem verfallen Albergo (2). Etwas später biegen wir auf einen Wanderweg ab und folgen den Beschilderungen Richtung Cima di Leten und dem gleichnamigen, aber leider geschlossenen, Rifugio. Auf anspruchsvollem und steilem Weg meistern wir den ersten Aufstieg, ehe wir nach einem kurzen Abstieg zum wunderschön gelegenen Rifugio Santamaria in Leten (3) gelangen.
Die grünen Grashänge auf der Südseite sind wunderschön und vor allem im Frühsommer voll mit Blumen und allerlei fliegenden Insekten. Doch noch sind die Höhenmeter für den Tag nicht geschafft. Einige Auf und Ab’s müssen noch gemeistert werden. Zunächst geht es hinauf, dann zu einem Fluss hinab. Etwa Dasselbe steht uns noch einmal bevor, ehe wir den etwas steileren Schlussanstieg hinauf zum Rifugio Capanna 2000 (4) in Angriff nehmen. Auf dieser Etappe dominiert wirklich die Farbe Grün – also im Frühsommer. Selbst zu dieser Zeit wird es auf der Südseite der Bergamasker Alpen schon recht warm, so dass wir sehr froh sind, am nächsten Tag auf die kühlere Westseite wechseln zu können.
Etappe 2: Vom Rifugio Capanna 2000 zum Rifugio Lago Gemelli
Am zweiten Tag dieser Rundtour wird es deutlich alpiner. Während ich mir am Vortag neben Blasen auch noch den ersten Sonnenbrand des Jahres abgeholt habe, liegen heute große Schneefelder in den Rinnen, die wir behutsam queren. Zunächst geht es vom Rifugio Capanna 2000 (1) Richtung Norden auf dem Sentiero dei Fiori, dem Weg der Blumen, entlang. Es ist zwar zu früh im Jahr, um ein Blumenmeer zu bestaunen, aber der ein oder andere bunte Farbklecks inmitten des gerölligen Weges erfreut uns dennoch. Wir erreichen recht flott einige Höhenmeter später die Bocchetta di Cora Piana (2). Auf der Scharte prangt ein Kreuz mit einer Glocke, die gern zur Ankunft geläutet wird.
Der anschließende Abstieg führt uns durch eine schroffe Bergwelt. Der Weg ist im Frühsommer durchaus anspruchsvoll. Steinige Passagen wechseln sich mit großen Schneefeldern ab. Sie führen uns etwas oberhalb vom Lago Branchino (3) zu einem tollen Aussichtspunkt. Auf einer sattgrünen Wiese sitzend verbringe ich die erste Pause mit einem fantastischen Blick über den See, an dessen anderem Ende ein Rifugio zur Einkehr lockt. Ich spare mir jedoch die Höhenmeter hinab und setzte meinen Weg ohne einen Abstecher fort. Er führt uns etwa 250 Höhenmeter weiter hinab zur Baita di Mezzeno (4), ehe er sich wieder die Berge hinaufschraubt.
Wir erreichen schließlich 500 Höhenmeter später am Passo di Mezzeno (5), 2142 m, den höchsten Punkt des Tages und erblicken zugleich die erste Steinbock-Dame mit ihrem Nachwuchs aus diesem und dem letzten Jahr. Hier bleibe ich länger als geplant, denn auch die Weitsichten wollen ausgiebig genossen werden. Während sich die Bergwelt bisher durchaus rau und schroff gezeigt hat, wird es beim Abstieg zum Lago Gemelli (6) wieder sanfter. Satt gespeiste Flüsse rauschen neben uns hernieder und wir kommen dem riesigen Stausee immer näher. Wir laufen auf schuttigen Wegen schließlich am linken Ufer entlang, bis wir den Endpunkt des Tages, das Rifugio Laghi Gemelli (7), erreichen.
Etappe 3: Vom Rifugio Lago Gemelli zur Baita Cernello
Diese dritte Etappe in den Bergamasker Alpen kann ich getrost als Königsetappe bezeichnen. Schon allein auf der Karte sieht die Route aufgrund der vielen Seen fantastisch aus. In echt war das natürlich nochmal besser. Vom Rifugio Laghi Gemelli (1) schlagen wir unseren Weg zunächst Richtung Osten ein und überqueren die beeindruckende Staumauer des Lago Gemelli. Anschließend geht es auf bequemen Weg zum nächsten Stausee, dem Lago Colombo (2). Eindrücklich zeigt sich links von mir, auf der Südseite schon sommerliche Blütenpracht, während die rechte Nordseite noch großflächig von Schnee bedeckt ist. Auf dem Stausee schwimmen dicke Eisschollen. Ein schmaler Pfad führt mich am See vorbei, wobei die Herausforderung des Tages direkt vor mir liegt. Der Passo di Aviasco ist nicht nur vollends schneebedeckt, er nebelt auch noch ständig von Osten mit dicken, schwarzen Wolken zu.
Meine Schritte werden zögerlicher, als ich dem Pass näher komme. Die dicken Wolken sind beeindruckender als die Schneeflecken. Dann aber sehe ich oben am Pass neugierige Steinböcke. Ich werte das als gutes Zeichen und steige fokussiert auf. Die Steinböcke sind lange weg, als wir oben ankommen. Nur ihre Spuren im Schnee zeugen von ihrer Anwesenheit. Die Aussicht vom Passo di Aviasco (3), 2301 m, bietet in Richtung Lago Colombo eine fantastische Aussicht. In Richtung Osten liegt hingegen ein gut mit Schnee gefüllter Kessel vor uns. Ich passiere vorsichtig die sulzigen Schneefelder und beneide ein ums andere Mal Lotte um ihre eingebauten Spikes, obwohl mir meine Grödel gute Dienste erweisen. Am zweiten Pass angekommen zeigt sich das Wetter rau, Wolken flutschten hinweg und wir steigen so schnell wie möglich zum Lago d’Aviasco (4) ab.
Auch diesen passieren wir am linken Ufer, wenden uns dann auf anspruchsvollem, zuweilen versichertem Weg dem nächsten Stausee zu. Die Landschaft ist karg, schroff und die Seen wirken düster. Ein zarter grüner Flaum an Gräsern und Flechten zaubert etwas Farbe in unser Panorama. Wir werfen einen erhabenen Blick auf den Lago Nero und erreichen zügig den Laghi Campelli (5) und ein kurzes Stück später den einzigen natürlichen See, den Lago Basso (6). Es ist noch ein ordentlicher, aber auch ziemlich beeindruckender Marsch bis zu meinem anvisierten Ziel, dem Rifugio Baita Cernello (7). Als ich an der Selbstversorgerhütte ankomme, hat sie aufgrund von Corona geschlossen. Ich entscheide kurzerhand trotzdem hierzubleiben.
Der Platz am See ist phänomenal und auf der anderen Uferseite, versteckt zwischen großen Felsbrocken, liegen Steinböcke. Was will ich mehr bei meiner letzten Nacht in den Bergen? Nur mein Teleobjektiv hätte ich jetzt gern dabei. Wie sich später herausstellt, brauche ich es aber eigentlich nicht, denn die Motive kommen einfach ganz nah zu mir. Ich verbringe meinen ganzen Abend mit der Beobachtung der Steinböcke: Steinböcke schlafend, Steinböcke äsend, Steinböcke rangelnd. Als ich dann leise mein Zelt aufbaute, lugten plötzlich zwei dicke Hörner hinter einem Felsen hervor. Keine 20 Meter von meinem Zelt entfernt. Wer schon mal Steinböcke gesehen hat, weiß, dass die überhaupt nicht scheu sind. Eine Stunde blieb er und äste in meiner Nähe – unvergesslich. Da blieb sogar Zeit für ein Selfie mit Steinbock (Titelbild).
Etappe 4: Von der Baita Cernello nach Valcanale
Nach einer etwas zu kalten Nacht machen wir uns an unserem letzten Tag vom Rifugio Baita Cernello (1) wieder Richtung Valcanale. Die Tour hat es durchaus noch einmal in sich, auch wenn wir in der ersten Stunde auch so einige bauliche „Schandtaten“ im Zuge des Baus der Staudämme anschauen müssen. Wir wandern zunächst bergab zum Lago Sucotto (2), dann wieder hinauf zum Lago Canalli (3), streifen dabei die Capanna Giulla Maria und biegen dann auf einem Betonweg nach links. Dieser ist hier und da nicht sonderlich gut in Schuss und führt uns in einem großen Bogen um das Valle Pagheroia.
Nun geht es zunächst abwärts, allerdings nicht ohne Schweißperlen auf der Stirn: Die Wege sind anfangs ausgesetzt und mit Drahtseilen versichert. Später schlängeln sich enge Hangpfade am Berg entlang, die unsere Konzentration fordern. Dafür ist der Weg heute super aussichtsreich. Wir blicken fast den gesamten Tag eindrucksvoll hinab in das breite Valle Seriana. Die Vegetation wird wieder grüner und sanfter, ein herrlicher Ausklang. Nach etwa drei Stunden erreichen wir die Costa di Corna Rossa (4), 2058 m. Dieser famose Aussichtspunkt befindet sich auf einem Grashügel auf dessen Kuppe eine Madonna steht. Es scheint fast so als würde sie über den Ort Valgoglio im Tal wachen.
Der Weg kennt auch anschließend zunächst nur eine Richtung: bergab bis ins malerische Valle Sanguigno (5). Auf Höhe einer Alm haben wir den vorerst tiefsten Punkt erreicht und wenden uns gen Osten, um zunächst durch dieses traumhafte Tal zu marschieren. Unser Tourenziel Valcanale liegt nur noch einen Bergkamm entfernt. Das bedeutet, ein letzter Aufstieg liegt noch vor uns. Die letzten 300 Höhenmeter im steilen Anstieg hinauf zum Forcella di Zulino (6) haben uns noch mal alles abverlangt, denn es wurde nach dem Mittag wieder ordentlich warm. Auch der anschließende Abstieg ist sehr steil, aber wir schaffen auch diese letzten Höhenmeter ohne Blessuren bis nach Valcanale (7).
Anreise & Planungshilfen
Um mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen, wählt man für die Anreise am besten den Bahnhof Bergamo. Von hier für ein paar Euro in eineinhalb Stunden nach Ardesio mit dem Bus S60a. Von hier nach Valcanale mit dem Bus S60b oder mit dem Taxi. Wer mit dem Auto anreist, findet auf Höhe des Laghetto di Valcanale und ein paar Meter oberhalb Parkplätze. Da die Tour eine Rundtour ist, kommt man am Ausgangspunkt auch wieder an.
Orientierung
Einen Wanderführer zur Tour haben wir nicht dabeigehabt. Bei den Karten blieb uns nichts anderes übrig, auf die KOMPASS Wanderkarte Alpi Orobie Bergamasche zurückzugreifen, die allerdings mit einem Maßstab von 1:50.0000 etwas detailarm ist. 100-prozentig gepasst haben die Wege auch nicht, aber für den Überblick ist die Karte schon hilfreich und auch sinnvoll. Grundsätzlich gilt für die ganze Tour: Die Markierungen zwischen den Wegpunkten (im Text fett und mit Zahl in Klammern) sind eine gute Orientierungshilfe und meist auch gut beschildert.
Hütten auf dem Trek
Ich erwähnte schon eingangs, dass es nicht sonderlich einfach ist, im Vorfeld über die Hütten Informationen zu erlangen. Ich habe versucht diese Lücke zu schließen:
Rifugio Capanna 2000 / Tag 1
Eine gut geführte Hütte mit sehr freundlichem Personal in toller Lage. Von der Sonnenterasse hat man einen sensationellen Blick hinab ins Tal. Telefonnummer Rifugio: +39 0345 95096 / Email rif.capanna2000@virgilio.it / geöffnet Mitte Juni bis Ende September, dann am Wochenende geöffnet. Aktuelle Infos gibt’s auf der Facebook-Seite
Rifugio Laghi Gemelli / Tag 2
Optisch nicht unbedingt das schönste Rifugio Italiens, aber sonst passt hier alles. Essen gut, die Lage am Stausee nicht so schlecht und es sind alle sehr freundlich. Das Rifugio ist tagsüber recht gut besucht, abends wird es sehr ruhig. Täglich geöffnet von 19. Juni bis 12. September 2021, wenn geschlossen, steht am anderen Ende der Staumauer ein Bivacco zur Verfügung. Weitere Infos direkt auf der Website
Rifugio Baita Cernello / Tag 3
Diese Hütte ist eine Selbstversorger Hütte. Wer hier nächtigen will (Achtung 2021 aufgrund von Corona geschlossen), muss sich Informationen über den Schlüssel unter dieser Nummer einholen: +39 330931419.
Rifugio Lago Nero / Tag 3
Anstatt in der Baita Cernello zu übernachten, kann man auch noch ein Stück auf dem Weg das nächsten Tages bis zu Rifugio Lago Nero weiterwandern. Es hat in der Regel ab Mai geöffnet. Informationen gibt es unter +39 348 7667933 / +39 349 0973992 oder (während der Öffnungszeiten) direkt in der Hütte +39 329 1377183.
In der Nähe liegt noch die Capanna Giulia Maria, eine private Schutzhütte, über die ich allerdings bisher nichts in Erfahrung bringen konnte.
Weitere Hüttentouren in der Lombardei
Via dei Monti Lariani
Bernina Tour – eine unvergessliche Hüttentour
Hüttentour in den Ortler-Alpen – 5 Tage
Sentiero della Pace – Verlauf des Friedensweges
Du kennst dich hier aus? Oder bist die Mehrtagestour nachgewandert? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
3 Kommentare zu “Alpi Orobie – Trekking in den Bergamasker Alpen”
Danke für die Tipps. Du hast die Atmosphäre perfekt eingefangen. Da will man gleich wieder mal los zum Valle Sanguigno 🙂
Im Oktober sind die Hütten ja nur noch Wochenends offen. Kann man da noch eine Wochentour machen (Winterräume und so..) oder ist das schwierig?
Hey Gerhard,
da müsstest du ggfls. noch mal selbst recherchieren, das weiß ich leider nicht. Nur, dass es im Rifugio Laghi Gemelli auf der anderen Seite des Sees einen Winterraum gibt.
Viele liebe Grüße
Romy