Tourabbruch – sei stärker als dein Ego
5 Outdoorblogger berichten von ihren Erfahrungen
Je öfter ich mich in den Bergen wandernd bewege, umso anspruchsvoller werden meine Touren. Es sind heute mehr Höhenmeter, die ich am Tag zurücklege, und es geht höher hinaus als noch vor ein paar Jahren. Damit einher geht auch die höhere Gefahr, der ich mich beim Wandern aussetze. Ich teste meine Grenzen aus. Es ist demnach wenig verwunderlich, dass ich 2018 an eben diese stieß. Unsere letzte Etappe unserer Mehrtagestour am Gardasee musste ich abbrechen.
Nein, es fiel mir nicht leicht. Ja, es fühlte sich wie Versagen an. Ich habe mir dieses nicht eingestehen wollen. Auch nicht, obwohl ich eine gute Erklärung hatte. Aber genau da setzt ja eigentlich schon das Problem an. Warum muss ich mich eigentlich erklären, obwohl ich die einzig richtige Entscheidung treffe? Wenngleich ich als Wanderbloggerin vielleicht meine, meinen Leser etwas erklären zu müssen, bin ich es doch eigentlich selbst, welche die Erklärung einfordert. Also der Engel auf der rechten, erklärt dem Teufel auf der linken Schulter, warum ein Tourabbruch richtig ist.
Seither beschäftigt mich das Thema Tourabbruch, das eigentlich ein ganz selbstverständliches sein sollte. Wir alle mögen es nicht, wenn wir unsere Pläne umwerfen müssen oder unsere Ziele nicht erreichen. Aber nur weil wir es nicht mögen, sollte dies uns keine Sekunde zögern lassen, eine sinnvolle Entscheidung zu treffen. Zu unserem Wohl, dem unserer Mitwanderern und dem von oftmals ehrenamtlichen Bergrettern.
Wir haben alle schon Touren abgebrochen
Ich bin der festen Überzeugung, dass alle erfahrenen Wanderer, Bergsteiger, Kletterer und Extremsportler es schon getan haben: Eine Tour abgebrochen. Denn eine Wanderung oder einen Klettersteig zu machen, ist kein Videospiel, wo man nach dem Gameover einfach die Reset-Taste drückt.
Björn von Bergtouren im Allgäu sagt, er habe schon mehrfach Touren abgebrochen, meist, weil sein Bauchgefühl nicht stimmte. Auch Bergwanderführerin Anna von Outdoorfrau bricht immer wieder Touren ab, weil es eben auch zum Wandern dazugehört. Ob aus gesundheitlichen Gründen oder durch einen plötzlichen Wetterumschwung, für Anna kann man eine Tour noch so gut planen, ein Restrisiko bleibt. Man müsse einfach verstehen, dass man manche Sachen einfach nicht im Griff hat und damit keine Schande verbunden ist. Cindy von runfurther ist Trailrunnerin – so eine Verrückte, die die Berge hochläuft – und sie hat 50 Höhenmeter vor dem Gipfel eine Tour abgebrochen. Und dann gibt es noch Björn von Sepp am Berg, der das Ziel schon vor Augen hatte und dennoch den Entschluss fasste, umzukehren.
Keinem fällt ein Tourabbruch leicht
„Ein Tourabbruch ist immer dann zwingend gegeben, wenn die Situation die Fähigkeiten der Gruppe, dass Ziel noch zu erreichen, übersteigt. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, schlechtes Wetter, keine ausreichenden körperlichen Reserven oder technisch zu anspruchsvolle Stellen“, sagt Björn von Sepp am Berg etwas Wahres. Doch auch wenn keiner dieser „harten“ Fakten zutrifft, darf abgebrochen werden. Auch ein schlechtes Bauchgefühl ist Grund genug, umzukehren.
Dennoch, keinem fällt es wirklich leicht, eine Tour abzubrechen, einen Plan umzuwerfen oder ein Ziel nicht zu erreichen. Hier berichten wir von unseren schwierigsten Entscheidungen:
Björn von Bergtouren im Allgäu ist ein passionierter Kletterer, Skitourengeher, Moutainbiker und Wanderer. Auch echte Kerle brechen Touren ab, wenn das Bauchgefühl nicht stimmt:
„Ein Klettersteig am Achensee. Es war ein perfekter Tag für die Klettersteig-Runde. Der erste Steig war problemlos. Im zweiten war ich schon im Einstieg zur Schlüsselstelle, als meine Partnerin meinte, dass ihr das zu viel sei. Kein Problem. Abbruch und zum nächsten Steig. Nach dem halb-stündigen Zustieg und einer gemütlichen Rast wartete der spektakulärste Steig. Zumindest von der Aussicht her. Im Einstieg gleich mit Plattenkletterei entlang der senkrecht abfallenden Wand. Nicht sonderlich kräfteraubend, auch technisch nichts im Vergleich zum Vorigen. Aber der Kopf hat einfach zu gemacht. ‚Das geht schief‘. Meine Partnerin hat dann noch ein paar Meter hinter die nächste Biegung geschaut, ob es evtl. anders wird. Bei mir ging aber gar nichts mehr. Also wieder ein Abbruch. Und den letzten Steig haben wir uns dann geschenkt. Es sollte an diesem Tag einfach nicht sein. Und das war auch gut so.“
Cindy von runfurther läuft, klettert, wandert und macht Triathlon. Sie brach 50 Höhenmeter vor dem Ziel ihre Bergtour ab:
„Die Erklimmung des Dachstein Gipfels (Hoher Dachstein 2996m) im Mai 2017. Der Gipfel ist nur per Klettersteig (B) erreichbar. Grund für den Abbruch war der enorme Schnee der auf diesem letzten Abschnitt lag. Es war so viel, dass die Sicherungen nicht mehr zu sehen waren und dadurch teilweise nur ein ungesicherter Zugang möglich war. Ich war in einer Gruppe von 6 Leuten unterwegs und war die Einzige, die hier die Tour abbrach. Der Abbruch war meiner Unsicherheit geschuldet und der Tatsache, dass man als Anfänger einfach eher mal auf Sicherheit geht. Ich wusste, wo meine Fähigkeiten lagen und wo nicht. Meine fünf Begleitungen gingen weiter und ich wollte warten auf ihre Rückkehr. Das Wetter war angenehm und somit auch nicht schlimm. Am Ende schafften aber lediglich zwei den kompletten Aufstieg, was meine Entscheidung letztendlich als sehr gut bestätigte. Drei aus der Gruppe mussten von einem Bergsteiger, welcher mit einem Kunden auf dem gleichen Abschnitt unterwegs war, abgeseilt werden. Letztendlich habe ich zwar auf einen wunderschönen Gipfel verzichtet, war aber sehr stolz auf meine Einschätzung. Der hohe Dachstein steht zwar jetzt nach wie vor auf meiner Wunschliste. Komischerweise ist mir die Entscheidung gar nicht schwergefallen, einfach weil ich wusste, dass es nicht ungefährlich gewesen wäre und ich dann doch ein kleiner Schisser bin.“
Anna von outdoorfrau.at ist Bergwanderführerin und hat viel Erfahrung bei Wanderungen. Am liebsten ist sie aber allein auf Trekking-Tour. Und eben eine solche brach sie nach zwei Tagen ab:
„Vor fast 2 Jahren habe ich meinen ersten Versuch auf dem Cape Wrath Trail („Britains toughest trail“) in Schottland abbrechen müssen, was mir extrem schwergefallen ist. Monatelange Planung und Vorbereitung wurden innerhalb weniger Stunden zunichte gemacht. Was ein 3-wöchiges, 370 Kilometer langes Trekking Abenteuer werden sollte, war innerhalb von 2 Tagen dank starker Knieschmerzen vorbei. Da ich alleine war, musste ich mich niemanden gegenüber verantworten und obwohl ich ein wenig von mir selber enttäuscht war, konnte ich in dem Moment mit meiner Entscheidung leben. Erst als ich meiner Familie und meinen Freunden mitteilen musste, dass ich so schnell aufgegeben habe, war mir das doch etwas unangenehm, ja sogar peinlich. Rückblickend bereue ich die Entscheidung jedoch keinesfalls, denn ich weiß jetzt (nachdem ich die Tour dieses Jahr erfolgreich vollbracht habe), dass ich die Tour im meiner damaligen Verfassung niemals geschafft hätte und womöglich von der Bergrettung ‚gerettet‘ werden müsste.“
2 Männer, ein Ziel: die Wildspitze. Björn und Sebastian von Sepp am Berg, selbsternannte Flachlandabenteurer und Gipfelstürmer, kehren vor dem Gipfel um:
„Bei der Besteigung der Wildspitze hatten wir am Anfang Schwierigkeiten den Einstieg beziehungsweise den Übergang von Gletscher zu Klettersteig zu finden, dies kostete uns schon eine Menge kostbarer Zeit. Wir hatten aus Gewichtsgründen auch auf ein Klettersteigset verzichtet, Helm, Klettergurt und die nötige Gletscherausrüstung hatten wir natürlich dabei. Leider erwies sich der Klettersteig mit unserem improvisierten Klettersteigset und den Steigeisen als etwas zu heikel für uns. Zugegeben, ich kämpfte auch seit Tagen mit einer Magenverstimmung weswegen ich sicherlich nicht in ‚Topform‘ war. Im Moment des Abbruchs ging mir persönlich nicht sonderlich viel durch den Kopf, mein Bauchgefühl sagte mir, das wird heute nichts mehr. Angesicht der vorgeschrittenen Stunde und der Schwierigkeiten die noch vor uns lagen, war dies sicherlich die richtige Entscheidung. Auf dem Rückweg zur Hütte beginnt man zu realisieren was genau passiert ist und was schlussendlich zum Abbruch der Tour geführt hat. Natürlich ist man auch enttäuscht und niedergeschlagen. Ich sage mir allerdings immer, der Berg steht auch noch nächstes Jahr.“
Ich so – Gardasee-Trekking auf den letzten Höhenmetern abgebrochen und der Berg stand wirklich zwei Tage später noch da:
„Letztes Jahr im Oktober haben wir uns ein straffes Trekking am Gardasee ausgesucht und wie immer alles akribisch geplant. Die letzte Tour hatte es in sich. Mehr als 2.000 Höhenmeter hinauf auf den M. Altissimo und etwa 700 hinab sollten es werden. Es sollte unsere Königsetappe werden. Trotz einer schweren Erkältung, die an eben diesem Tag wieder aufblühte und einer schlaflosen Nacht in einem viel zu warmen Hotelzimmer, brachen wir auf. Wenn ich ehrlich zu mir gewesen wäre, wäre schon bei Aufbruch klar gewesen, dass es unter diesen Bedingungen ein kaum zu bewältigendes Unterfangen wird. Aber eingestehen mochte ich es mir nicht. Nicht beim Start, nicht nach Höhenmeter 500 und nicht mal bei Höhenmeter 1.000. Und das, obwohl ich nicht schneller als eine Schnecke vorankam, kurzatmig war und meine Wanderpartnerin mit ständigen Rufen nach Pausen schier in den Wahnsinn trieb. Wie ein Mantra redete ich mir Meter für Meter ein: ‚Du schaffst das!‘ Doch ich schaffte es nicht. Bei Höhenmeter 1.300, am Sockel einer geschlossenen Kirche sitzend, siegte endlich mein Verstand. Tourabbruch. Und es war nicht mal schwer, dennoch zur geplanten Unterkunft zu kommen. Den Gipfel des M. Altissimo bestieg ich nach einem Pausentag noch im selben Urlaub. Björn hat recht, die Berge laufen nicht weg!“
Auch bei scheinbar harmlosen Touren darf man abbrechen
Doch nicht nur am Gipfel müssen wir uns eingestehen dürfen, dass wir an bestimmten Tagen den Herausforderungen nicht gewachsen sind. Egal warum. Denn eines dürfen wir nicht vergessen, gegen Naturgewalten können wir nichts ausrichten. Wir müssen uns ihnen beugen, es akzeptieren und dürfen uns unsere Freude am Wandern nicht durch unser Ego nehmen lassen. Björn von Sepp am Berg hat schon mal eine Tour im Schwarzwald abgebrochen:
„Der Ort eines Abbruchs mag für manche sicherlich etwas überraschend klingen, es war im Schwarzwald. Außer Kuckkucksuhren und Kirschtorte gibt es dort auch jede Menge Schnee, zumindest manchmal. Genau eines dieser Wochenenden hatten wir erwischt. Wir planten eine knapp 15 Kilometer lange Wanderung. Durch den Wetterbericht waren wir vorgewarnt, Schneeschuhe und Stöcke hatten wir selbstverständlich dabei. Leider mussten wir bald erkennen das der Neuschnee so locker und feinkörnig war, dass bei jedem Schritt, trotz der Schneeschuhe, man bis zu den Kniekehlen einsank und als wäre das nicht anstrengend genug, rutsche der feinkörnige Schnee auch noch nach. Es fühlte sich an, als würde man mit Pfannen an den Füßen durch Treibsand waten. Da wir in einer Stunde lediglich 800 Meter vorwärtskamen, mussten wir die Tour abbrechen, glücklicherweise war ein nettes kleines Hotel nicht weit.“
Eine Gruppe gibt Kraft, erschwert aber einen Tourabbruch
Ich wandere ja meist zu zweit, manchmal aber auch alleine. Klar, wenn man allein unterwegs ist, braucht man keine Rücksicht auf andere nehmen. Aber ein Wanderpartner gibt auch Sicherheit und Kraft in schwierigen Phasen. So hat Cindy eine Wanderung gemeistert, die sie vielleicht allein nicht geschafft hätte:
„Ein weiteres Erlebnis war die Besteigung des Bishorn, auch hier war ich in der Gruppe unterwegs, man geht diese Tour immer in der Seilschaft. Es war mein erster 4000er und es ging mir gar nicht gut, am Tag der Besteigung. Ich nahm mir ein paar Minuten mehr Zeit am Morgen nach dem Frühstück und deswegen waren wir die letzten, die aufbrachen. Der Aufstieg fiel mir immens schwer und wir sprachen oft über Abbruch. Abbruch hätte in diesem Fall Abbruch für die gesamte Gruppe bedeutet. Wir waren zu dritt und aufgrund der Sicherheit wollten wir keine Aufsplittung. Die Anreise aus München war weit und ich dachte immer wieder es sind doch nur ein paar Höhenmeter, die dich vom Gipfel trennen. Wir setzten uns dann immer kleinere Zwischenziele bis wir letztendlich doch auf dem Bishorn standen. Ohne die Gruppe hätte ich wahrscheinlich abgebrochen.“
Eine Gruppe macht es aber auch schwieriger eine Tour abzubrechen. Björn von Bergtouren im Allgäu bringt es auf den Punkt:
„Wichtig ist es, sich im Vorfeld darüber klar zu sein, dass das schwächste Glied der Kette zählt. Also: wer nicht mehr kann oder sich unwohl fühlt, der macht die Ansage. Ist man alleine unterwegs, fällt ein Abbruch oft leichter, da man sich nur sich selbst gegenüber rechtfertigen muss. Zu Zweit oder in der Gruppe ist das oft schwieriger. Dazu gehört viel Vertrauen. Man will ja niemandem die Tour vermiesen und auch nicht als Schwächling oder Angsthase dastehen.“
Björn von Sepp am Berg hat mit seinem Wanderpartner Sebastian (Seppl) aber einen guten Weg gefunden: Am Berg wird nicht diskutiert! Ein Rat, den ich mir gern künftig zu Herzen nehme:
„Bei schwierigeren Touren bin ich immer mit Seppl meinem Mitblogger unterwegs. Wir haben kein festes Procedere für Tourabbrüche, jedoch ist keiner sauer und keiner diskutiert, wenn einer von uns Beiden nicht mehr weiter will oder kann. Ich habe so viel Vertrauen in meinen Seilpartner, dass ich sicher bin, wenn er nicht mehr weiterwill, hat dies handfeste Gründe. Später analysieren wir die Lage und überlegen uns wie wir es zukünftig besser machen können.“
Auch Anna spricht mir aus der Seele, wenn Sie sagt:
„Wenn man alleine unterwegs ist, ist man einfach viel vorsichtiger. Ich gehe alleine viel weniger Risiken ein obwohl ich auch gerne ein wenig an meine Grenzen gehe – aber dies halt nur in einem (für mich) akzeptablen Rahmen.“
Unsere 10 Tipps für die sichere Tour
Ich bat die vier Bloggerkollegen auch darum, ein paar handfeste Tipps zu geben. Denn nach meinem Tourabbruch am Gardasee habe ich mir fest vorgenommen, in Zukunft mein Ego hintenanzustellen. Gelungen ist es mir bei meiner Tour am Watzmann, wo ich sehr zufrieden und glücklich war, obwohl ich den Gipfel nicht erreicht habe. Hier sind also unser 10 Tipps für ein sicheres Outdoor-Erlebnis:
1. Habe Spaß!
Der Spaß an der Unternehmung muss für alle im Vordergrund stehen. Schließlich ist es unser Hobby und es muss nicht in übermäßigem Ehrgeiz enden.
2. Sicherheit hat für dich höchste Priorität!
Gerade im Hochgebirge gilt: „Safety first“. Wir bewegen uns in Grenzgebieten, wo jederzeit (!) etwas passieren kann. Ein falscher Tritt, weil man sich nicht wohl fühlt und deshalb unkonzentriert ist, kann fatale Folgen haben.
3. Sei kein Egoist!
Eine Umkehr oder die Aufgabe vor dem eigentlichen Gipfelziel ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke. Im Zweifel bringt man nicht nur sich selbst, sondern auch andere in Gefahr, zum Beispiel deine Wanderbegleitung. Deine Gedanken sollten auch den tapferen Bergrettern gelten, die zum Großenteil ehrenamtlich ihr Leben riskieren bei dem Versuch dir zu helfen.
4. Lass dich nicht von Erfahrung täuschen!
Lass dich nicht darüber hinwegtäuschen, dass du ja die Erfahrung hast. Wenn es mal nicht geht, geht es einfach nicht. Auch das gehört zur Erfahrung dazu.
5. Plane deine Tour hervorragend!
Eine gute Tourenplanung sollte die Grundlage jeder Tour sein. Fragen, die du dir bei der Planung stellen solltest, sind: Wie ist die Wetterlage? Wie lange wird die Tour dauern? Wie schwierig ist das Gelände? Habe ich die richtige Ausrüstung? Bin ich in der körperlichen Verfassung eine solche Tour zu schaffen? Alle Beteiligten sollten den Tourenverlauf mit seinen eventuellen Schwierigkeiten kennen.
6. Überschätze dich nicht!
Die meisten Notsituationen in den Alpen entstehen durch Selbstüberschätzung – somit ist es unerlässlich, die eigenen Fähigkeiten (und die des Partners/der Partner) zu kennen und auf seinen Körper zu hören. Immer!
7. Sei kommunikativ – vor und während der Tour!
In der Gruppe kann eine Entscheidung zum Tourabbruch schon schnell für heftige Diskussionen sorgen, daher solltest du den Umgang mit einer solchen Situation im Vorhinein besprechen. Das Wichtigste: Schäme dich nie dafür, wenn du eine Tour abbrichst – Vorsicht ist besser als Nachsicht!
8. Vergiss nie: Der Berg ist auch morgen noch da!
Einen Gipfel kann man immer erreichen, es muss aber nicht „Ach auf Krach“ zu einem bestimmten Zeitpunkt sein, wenn etwas dagegenspricht. Das Leben ist viel zu schön, um es wegen blöder Entscheidungen zu gefährden. Und der Berg läuft nicht weg!
9. Mache keine Vorhaltungen!
Egal wer die Tour abgebrochen hat und warum, haltet dies der Person nicht vor. Sich selbst einzugestehen, dass man nicht mehr weiterkann, ist schon schwer genug. Ein Tourabbruch ist wahrlich keine Schande.
10. Setze dir Ausstiegspunkte für deine Tour!
Plane deine Tour so, dass du auch mit einem Zwischenziel glücklich bist. Hier kannst du Aussteigen, wenn etwas nicht passt.
„Der Gipfel gehört erst Dir, wenn Du wieder unten bist, solange gehörst Du ihm“ (Hans Kammerlander)
Links zu den Blogs
Bergtouren im Allgäu – hier findest du Infos zu Berg-, Biketouren und Trailrunning
Runfurther – Alles zum Thema Laufen, Fitness, Berge und Triatlon
Bei ourdoorfrau findest du Artikels übers Wandern und Trekking – vor allem für Frauen
Sepp am Berg berichtet über Touren im Deutschland, den Alpen und Europa
Hast du schon einmal eine Tour abgebrochen? Wie gehst du mit dem Thema um? Ich freue mich über eure Erfahrungen und Anregungen in den Kommentaren.
17 Kommentare zu “Tourabbruch – sei stärker als dein Ego”
Oh, das ist ja ein wiederkehrend leidiges Thema. Vor allem das Versagensgefühl kenne ich gut.
Abgebrochen habe ich bisher nur zwei Mal; einmal als an einem Regentag weder Jacke noch Rucksack auf dem Eifelsteig mehr dicht hielten. Ein anderes Mal bei einer Alpenüberquerung im letzten Jahr, als bei feinstem Wetter in einem Felseinschnitt ein tauendes Altschneefeld über einem steilen Bach auftauchte, das wir nicht mehr passieren konnten. Wichtig war da immer, seine Grenzen einzugestehen und, wie du so schön schreibst, es wird nicht diskutiert.
Viele Grüße!
Hey Steffen,
ja, manchmal geht es einfach nicht weiter und am Ende ist auch egal warum, denn der Spaß und die Sicherheit sind das Wichtigste.
Liebe Grüße
Romy
Super Artikel geworden!
Und schön zu lesen, dass es uns Wander- und Berg-Fanatiker alle gleich geht. 😉
LG Anna
Danke dir, meine Liebe, du hast ja entscheidend dazu beigetragen, dass es ein schöner Artikel geworden ist 😉
Das ist ein schöner und wichtiger Artikel!
Auch wir (mein Mann und ich) standen letztes Jahr vor der Frage, ob wir bei Starkregen den Cape Wrath Trail abbrechen oder nicht. Letztendlich sind wir an dem Tag weitergelaufen, aber klug und lustig war das nicht, die Überquerung der reißenden Gebirgsbäche war echt grenzwertig. Wir hatten mehr Glück als Verstand und haben uns vorgenommen, uns zukünftig nicht noch einmal in solch eine Situation zu bringen.
Danach haben wir eine zweitägige Pause eingelegt und haben besseres Wetter abgewartet. Und siehe da – die Tour hat wieder Spaß gemacht! 🙂
Hallo Steffi,
das klingt so wie unsere Tour auf Mallorca, da sind wir auch weitergegangen, obwohl es unvernünftig war. Aber Erfahrungen sammelt man eben auch am Berg. Solange alles gut geht und man die richtigen Schlüsse daraus zieht, ist alles gut.
Liebe Grüße
Romy
Der Bericht ist super geworden. Danke das ich einen Teil dazu beitragen konnte. Lg, Cindy
Ich unternehme meine Touren meistens allein. Da ist es einfacher, abzubrechen oder umzudisponieren als in der Gruppe. Es ist auch hilfreich, wenn man sich nicht auf ein bestimmtes Ziel fixiert, sondern einfach den Weg genießt, so weit man eben kommt. Letztes Jahr musste ich gleich mehrmals umdrehen, wegen eines Windbruchs, wegen großer Hitze, wegen zu hoher Lawinengefahr … Schwer fällt mir das eigentlich nur im Abstieg. So etwas ist mir mal bei einer Wintertour passiert. Ich musste an einer gefährlichen Stelle umkehren und wieder mehrere Hundert Höhenmeter bergauf stapfen, um dann schließlich auf dem Hinweg abzusteigen. War ärgerlich, aber auch gut fürs Training.
Hallo Alois,
oh, das wäre mir auch verdammt schwer gefallen! Das zeigt aber wieder einmal wie wichtig eine gute Planung ist, so dass man dann eben wie du auch noch genügend Zeit hat an kniffligen Stellen umzukehren.
Liebe Grüße
Romy
Hallo, ein toller Beitrag. Ich komme gerade von meiner Weitwandertour zurück, die ich nach 2 Tage abgebrochen habe. Ich hatte mich am Tag zuvor total übernommen, wobei auch schon gefährliche Situationen entstanden. Dazu noch ein Nasses Zelt, kein Schlaf durch den Regen. Am nächsten Tag wäre es mir genauso gegangen. Die Etappen nur mit dem Bus zu fahren wollte ich auch nicht. Ich habe abgebrochen. Damit fühle ich mich jetzt am wohlsten.
Liebe Grüße
Katharina
Hey Katharina,
das ist eben manchmal so – mit ein bisschen Abstand ist es auch meist nicht mehr so schlimm. Das mit der Selbstüberschätzung bei den ersten Touren kenn ich auch total gut. Blöderweise lerne ich in dem Punkt nur super schwer dazu und mache den Fehler immer wieder. Aber wir machen das ganze ja, weil es Spaß macht und wenn der verloren geht, dann sollten wir aufhören und ein anderes Mal wiederkommen – ich find es super, dass du die Entscheidung so getroffen hast!
Liebe Grüße
Romy
Was ein toller Beitrag! Vielen Dank dafür! Tatsächlich sitze ich gerade in diesem Moment fix und fertig auf einer der Hütten der sogenannten „Haute Route“ von Chamonix nach Zermatt – alleine. Ohne meine Gruppe. Denn bereits heute, am zweiten Tag der Tour ging es für mich nicht weiter. Frust und Enttäuschung sind riesig, vor allem weil ich nicht weiß, woher der Entschluss abzubrechen kam. Körperlich bin ich fit, aber die Psyche wollte dieses Mal einfach nicht. Schon während der Anreise und die Tage zuvor habe ich mich bei dem Gedanken an die Tour absolut nicht wohl gefühlt – dabei hat doch sonst fast immer alles geklappt! Mein Gefühl, versagt zu haben ist durch den Artikel gerade deutlich besser geworden und ich habe neuen Mut für die nächsten Touren gefunden, auch wenn es dieses Mal nicht geklappt hat. Mir ist es zwar auch vor meinen Freunden und der Familie peinlich, dass ich es nicht geschafft habe – gerade wo man sich doch grundsätzlich so sehr darauf gefreut hat und es allen stolz erzählt hat- aber ich weiß für mich, dass es die richtige Entscheidung war. Die Tour wird ja in ein paar Jahren immer noch da sein und dann heißt es: auf ein neues!
Liebe Leonie,
es freut mich wirklich sehr, dass dir der Artikel ein bisschen geholfen hat. Ich kann mir vorstellen, dass du sehr frustriert und enttäuscht warst, dass geht mir nämlich auch immer so. Aber Tourabbrüche gehören dazu. Für mich sind Tourverschiebungen (so nenn ich das immer) mittlerweile recht häufig – es wird mit der Zeit weniger schmerzhaft. Du hast sicher die richtige Entscheidung getroffen und das wird sich mit etwas zeitlichem Abstand auch so anfühlen, da bin ich sicher.
Ich habe die erwähnte Tour am Gardasee übrigens 2019 noch einmal wiederholt und dann auch gut gemeistert – ich hatte zwar gehörigen Respekt davor, aber es war dann einfach der viel bessere Zeitpunkt.
Liebe Grüße!
Romy
Danke für den Artikel, der nun auch schon etwas älter ist. Ich kann glaube ich noch nicht so viel umsetzen, aber vielleicht braucht es noch paar Tage. Ich habe am zweiten Tag eine 5 Tagestour über den Bocchette Weg abgebrochen. Es sollte guter Urlaub sein, der so ziemlich erste in diesem Jahr. Zuerst 4 Tage Klettern in den Dolomiten und dann mal wieder alleine unterwegs. Da ich längere Zeit nicht so alleine unterwegs war, war ich dementsprechend nervös. Am ersten Tag musste ich schon vom Klettersteig auf Normalweg (1, 5 Stunden) umsteigen. Wetter war alles andere als gut, ich bin trotzdem losgelaufen – mitten ins Gewitter rein. Ich betrachte es nach wie vor als schlechte Entscheidung und habe mich am zweiten Tag nicht an die längere Feratta getraut, weil auch wieder Mittags Gewitter im Raum stand. Ich hatte kein gutes Gefühl und habe mich nicht getraut es zu riskieren. Über einen leichteren Klettersteig bin ich weiter gelaufen und habe mir die ganze Zeit erzählt, dass es gute Entscheidung war. Na ja, geglaubt habe ich es nicht ganz (vor allem, weil das Wetter dann doch lange genug gehalten hat, wie ich später vom Tal sehen konnte). Das Verlangen aufzuhören war größer als weiter zu gehen. Innerhalb vom 15 Minuten habe ich meine Rückfahrt organisiert und bin an der letzten Abzweigung nicht zur Hütte hinauf, sondern ins Tal abgestiegen.
Kurzzeitig ist diese Tour auf einer schwarzen Liste, der missglückten Touren gelandet. Aus der schwarzen Liste habe ich aber bereits beim Abstieg eine Projektliste gemacht. Ich denke, ich brauche noch ein Paar Tage, um es sacken zu lassen und zu realisieren, was los war. Eure Berichte werden mich jetzt dabei begleiten. Danke für eure Erfahrungen.
Hey,
ja, der Artikel ist schon etwas älter, hat aber an Aktualität nichts verloren. Der erste Tourabbruch ist der schwerste und irgendwann nimmt man es einfach gelassen. Sport am Berg soll Freude bereiten und wenn es das nicht tut, dann ist es eben für den Moment nicht das Richtige. Ich denke, du hast genau die richtige Entscheidung getroffen, diese Tour für diesen Zeitpunkt nicht zu beenden. Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt. Und vielleicht auch nicht allein.
Alles Gute beim „Weiterverarbeiten“.
Liebe Grüße
Romy
Hi Romy,
Dein Artikel hat mich besser fühlen lassen. Ich(18) liege nähmlich gerade im Zelt mit der ein oder anderen Träne im Auge auf der Hälfte des „West highland way’s“. Dass ihr wahr mein erster Weitwanderweg und anscheinend gleichzeitig mein erster großer Tourabbruch. Ich habe mich einfach über- und den Weg unterschätzt trotz meiner nicht langen aber ausgeprägten Trekking Erfahrung. Was zu Schmerzen und Unsicherheit führete. Soweit dass ich fast einen Abhang rückwärts Rucksack voran runter stürtzte. So musste ich schweren Herzens meiner Wanderpartnerrin(18) vor zwei Tagen mitteilen das ich nicht mehr so weiter gehen kann. Wir konnten uns dann darauf einigen das wir bis zur Hälfte gehen, in kleineren Etappen. Doch kamm in mir jetzt wieder kurz vor Abbruch das Gefühl des Versagens auf. Dieses Gefühl konnte dein Artikel zum Glück ein wenig lindern weil, Sind wir mal ehrlich ich bin gerade erst 18 geworden und dass ist meine erster Tour ohne Erwachsene und ich treffe die vernünftige Entscheidung abzubrechen aufgrund der sicherheit. Ich glaube auch jetzt daran dass der Tourabbruch eine reife Entscheidung wahr und ich mich nicht schämen muss wie ich es getan habe befor ich den Artikel gelesen habe. Danke Romy!
Und ein Weg kann ja genau so schlecht weglaufen wie ein Berg ;).