Hüttentouren: Anforderungen an Hunde
Von Hütte zu Hütte zu wandern, gehört zu den schönsten Dingen, die man in den Alpen tun kann. Mit Hund machen sie doppelt so viel Freude. Doch nicht jeder Hund ist für solche extralangen Gassi-Runden geeignet. Ein Überblick über Anforderungen und worauf Hundebesitzer achten sollten.
Jeder, der schon einmal eine richtige Hüttentour gemacht hat, weiß, sie machen süchtig. Kaum eine Tageswanderung kann da mithalten. Wer über mehrere Tage durch alpine Landschaften von einer Berghütte zur nächsten wandert, darf auf eine besondere Weise täglich tiefer in die Stille der Alpen eintauchen. Wir steigen nämlich nicht jeden Tag zurück ins Tal und sind im Radius der Zivilisation, sondern können glücklich und kaputt von den Strapazen des Tages hoch über dem Meeresspiegel auf der Terrasse der Hütte Sonnenauf- oder Sonnenuntergänge beobachten. Und am nächsten Morgen schnüren wir unsere Wanderstiefel, schultern den Rucksack und setzen einfach einen Fuß vor den anderen. Mit jedem Schritt rücken Stress und Alltag immer weiter in den Hintergrund.
Ich bin oft allein in den Alpen unterwegs. Aber ich wüsste nicht, ob es mich auch so erfüllen würde, wenn ich keinen Hund dabei hätte. Ich mag nämlich die Energie meines Hundes, das gute Gefühl nicht ganz allein zu sein und die Verantwortung, die ich für meinen Hund trage, hilft mir, nicht ganz so übermütig zu werden. Hüttentrekking mit Hund ist vor allem für den Hund eine ziemlich natürliche Angelegenheit. Er ist den ganzen Tag im Rudel in Bewegung, frisst am Abend und schläft. Im Prinzip mache ich das Gleiche: wandern, essen, schlafen – und es ist sehr erfüllend.
Man muss Bergtouren mit Hund nicht übermäßig kompliziert machen. Doch wie bei vielen Dingen des Lebens, steckt der Teufel oft im Detail. Fragen zum Thema Ausrüstung, Hundefutter, schwierigen Passagen und zur ersten Hilfe gibt es bereits in der Rubrik Wandern mit Hund. In diesem Artikel soll es um die Anforderungen an die Hunde gehen, die man sich als Hundebesitzer:in vor einer Hüttentour anschauen sollte.
Anforderungen an den Hund
Laufen und damit Wandern ist für einen Hund die natürlichste Sache der Welt. Dennoch ist es ein Unterschied, ob man zu einem Spaziergang aufbricht oder tagelang zu Fuß in den Bergen unterwegs ist. Schwere alpine Unternehmungen dürfen durchaus als Hochleistungssport bezeichnet werden und sind nicht für alle Hunde geeignet. Lange und schwierige alpine Hüttentouren dürfen meiner Meinung nach in eine Reihe mit Agility, Canicross, Mantrailing oder dem Zughundesport gestellt werden. Dann fällt es auch nicht mehr so schwer zu akzeptieren, dass es für das Gelingen schwerer alpiner Hüttenwanderungen viel Erfahrung, gutes Training und beste Charaktereigenschaften braucht. Es würde ja auch niemand auf den Gedanken kommen, seinen Hund zum Turniersport anzumelden, ohne vorher eine einzige Übungsstunde absolviert zu haben, oder?
Tourenplanung mit Hund
Schafft mein Hund das? Vor allem, wenn es das erste Mal auf Trekkingtour mit dem Hund geht, treibt viele diese Frage um. Sie ist aber so individuell zu beantworten, wie die Frage, ob Herrchen oder Frauchen eine Tour schaffen. Klar ist, geht es im Alltag nur zweimal täglich „‘ne Runde um den Block“, bringt das keine konditionsstarken Hunde hervor. Wer mit seinem Hund vorwiegend auf Asphalt spazieren geht, hat womöglich auch nicht den trittsichersten Hund. Daher empfehlen sich – für Mensch und Hund – immer auch lange Spaziergänge in der Natur. Seinen Hund dabei auch mal über einen Baumstamm springen oder balancieren zu lassen, schadet ebenfalls nicht.
Zudem ist es auch immer sinnvoll mal ins benachbarte Mittelgebirge zu fahren und eine Tagestour zu machen. Da lernt man schnell, ob der Hund Freude an ausgedehnten Touren hat oder ob er nach einem halben Tag schon müde wird. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte vor einer langen alpinen Hüttentour auch mal für Tageswanderungen in die Alpen fahren, denn alpine Anstiege lassen sich nur bedingt im Mittelgebirge trainieren.
Wer einen Hund im besten Alter hat, darf sich aber in der Regel darauf verlassen, dass der Hund eigentlich immer ein bisschen fitter ist als Herrchen oder Frauchen. Aber es gilt grundsätzlich: Einfach anfangen und langsam steigern! Und: Die Tour sollte nur so schwer sein, wie sie das schwächste Teammitglied bewältigen kann.
Anforderungen an die Hunderassen
Einfache Touren mit Gehzeiten von etwa 4-5 Stunden täglich und technisch nicht zu anspruchsvollen Pfaden sind meiner Einschätzung nach für nahezu jede lauffreudige Rasse problemlos möglich. Konditionell anspruchsvollere Hüttentouren, die an mehreren Tagen mit Gehzeiten zwischen 5-8 Stunden rechnen oder auf technisch schweren Wege verlaufen, sind nicht mehr grundsätzlich für jeden felligen Vertreter geeignet. Manche Hunderassen sind allein aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen, Größe und Konstitution dafür nicht geeignet.
Ein mittelgroßer Hund, dem das Laufen in die Wiege gelegt ist, ist im Prinzip der beste Begleiter. Dies trifft insbesondere auf Jagd- und Hütehunde zu. Mittelgroße Hunde bringen objektiv betrachtet die besten Voraussetzungen für alpine Abenteuer mit. Nicht ohne Grund sind übrigens Hüte- oder Jagdhunde oft auf Almen im Einsatz, sie bringen körperlich die besten Voraussetzungen für das Gebirge mit. Kleinere Vertreter haben schon allein wegen ihrer geringen Schrittlänge Nachteile, denn sie müssen für die gleiche Strecke deutlich mehr leisten. Allerdings können sie bei mangelnder Fitness, bei hohen Stufen oder technisch sehr anspruchsvollen Wegen einfach in oder auf unseren Rucksack gepackt werden, sofern sie das kennen. Schweren, sehr großen Hunde sind hingegen bei technisch anspruchsvollen Touren und auf extrem engen Wegen körperliche Grenzen gesetzt. Auch können sie bei schwierigen Passagen nicht mehr unterstützt werden, so dass sie für die schweren Bergtouren in der Regel eher nicht geeignet sind.
Darüber hinaus gibt es beim Hüttenwandern auch den limitierenden Faktor Futterbedarf, der bei einem 50 Kilo Hund deutlich ins Gewicht fällt. Denn Futter muss von Herrchen oder Frauchen getragen werden und es macht einen himmelweiten Unterschied, ob mein Hund 200 Gramm am Tag frisst oder ein halbes Kilo.
Noch einen Hinweis zu den brachycephalen Rassen wie beispielsweise Französische Bulldogge, Englische Bulldogge, Mops, Pekinese oder Boxer (Liste nicht vollständig): Sie sind für lange Strecken – insbesondere im Sommer – nicht geeignet. Ihr Atemwegstrakt ist schlecht ausgebildet und enge Nasenlöcher führen zu einer schlechten Belüftung. So kommt es viel schneller bei körperlicher Anstrengung oder hohen Temperaturen zu einem Hitzschlag. Nicht zuletzt liegt es aber immer in der Verantwortung von uns Menschen, den eigenen Hund genau zu beurteilen. Denn es gibt auch faule Jagdhunde und kletterfreudige Schwergewichte.
Junge Hunde, alte Hunde
Eigentlich ist es hinlänglich bekannt, dass junge Hunde gemäßigt an Bewegung herangeführt werden müssen. Ihr Bewegungsapparat ist noch nicht voll ausgebildet und kann daher bei übermäßiger Belastung Schaden nehmen. Allerdings gilt die 5-Minuten-pro-Lebensmonat-Regel als überholt. Als Faustregel gilt: 1 Jahr sollte der Hund mindestens alt sein, bei großen Hunden auch deutlich älter, um voll belastet werden zu können. Tierärzte:ärztinnen können grünes Licht für Wanderungen geben. Ich persönlich bin allerdings schon deutlich früher mit Greta auf alpine Touren gegangen, weil ich sie frühzeitig an die Berge gewöhnen wollte. Ich habe sie auch klettern lassen, allerdings immer genau beobachtet, ob sie müde war. Dann kam sie ab in den Rucksack und wurde den Rest des Weges getragen.
Mit einem Hundesenior eine alpine Bergunternehmung das erste Mal zu machen, erfordert mindestens einen medizinischen Check vor der Tour. Rückenprobleme, Arthrose, nachlassende Sehfähigkeit und andere Alterserscheinungen können das Bergabenteuer trüben. Allerdings muss das nicht unbedingt für einen erprobten Berghund gelten. Zumindest meine geliebte Lotte absolvierte mit 13 Jahren trotz Rückenproblemen noch – mit ein bisschen Unterstützung – schwere Bergtouren mit Freude.
Dabei wurde deutlich, dass ein großer Erfahrungsschatz und eine gute Fitness die ein oder andere Unbeweglichkeit wett machten. Mit einem Hundesenior auf Bergtour zu gehen, erfordert aber ein besonderes Maß an Beobachtungsgabe und Kompromissfähigkeit. So kalkuliert man mit einem alten Hund besser längere Erholungspausen am Tag ein, wo auch tatsächlich geruht und nicht herumgestromert wird. Hin und wieder nur einen halben Tag unterwegs zu sein, nach einigen Touren Pausentage einzulegen und vor allem am Anfang der Saison langsam die Belastung zu steigern, ist für einen alten Hund bei Hüttentouren unerlässlich. Dann aber können gemeinsame Abenteurer dieser Art tatsächlich so etwas wie ein Jungbrunnen für den Hund sein, denn: „Wer rastet, der rostet!“
Charakter des Hundes
Aus einem Couchpotato wird kein Berggänger – das gilt im Prinzip für Hund und Mensch gleichermaßen. Wer seinen Hund mit auf Hüttentouren nehmen will, sollte schon grundsätzlich ein lauffreudiges Exemplar besitzen, immerhin wollen ja viele Tage als Rudel gemeinsam bewältigt werden. Aber das allein macht ihn noch nicht zu einem guten Hüttentour-Hund. Der beste Wanderhund bringt folgende Eigenschaften mit: er ist gut sozialisiert und reagiert entspannt auf Wild- und Almtiere, andere Hunde und Menschen. Er kommt mit der Enge und dem Trubel auf Berghütten klar, kann allein im Zimmer bleiben und besitzt einen guten Grundgehorsam. Intelligente Hunde, die es gewohnt sind (gute) eigene Entscheidungen zu treffen, sind das i-Tüpfelchen unter den Berghunden. Und ein bisschen Mut kann bei schweren Touren auch nicht schaden. Vieles von den genannten Attributen kann mit Training mindestens zu einem guten Maß hin entwickelt werden.
Anderes müssen Hundebesitzer:innen einfach auch ein stückweit so nehmen, wie es ist. Es gibt nämlich nicht nur faule Hunde, sondern auch welche mit Höhenangst oder ohne ausreichende Trittsicherheit. Dann ist es vielleicht für alle Beteiligten die bessere Wahl, wenn der Hund gut versorgt daheim bleibt.