Etappe 7: Tossals Verds – Kloster Lluc
- Ausgangspunkt: Tossals Verds
- Endpunkt: Kloster Lluc
- Strecke: 14 km
- Aufstieg: 750 m
- Abstieg: 820 m
- Dauer: 5:00h
Purer Wahnsinn auf Mallorca!
Wer an Mallorca denkt, erinnert sich in der Regel an blauen Himmel, Sonnenschein und richtig warmes Wetter. Ich persönlich denke an Regen, Schneesturm und Kälte. Natürlich hatten wir auf unserer Streckenwanderung auf dem GR 221 auch ein bisschen was von ersterem, aber am Eindrücklichsten war diese siebte Etappe von Tossals Verds zum Kloster Lluc. Die hatte eher etwas von „Wintereinbruch in den Alpen“. Und doch ist es mir heute – nachdem wir es geschafft haben – die liebste Etappe.
Das war Abenteuer pur. Heute muss ich kopfschüttelnd Lachen, wenn ich an diese Strecke denke. Mittendrin wurde mir hingegen eher mulmig. Da war die Querung des reisenden Flusses vielleicht von den Bildern her am spektakulärsten. Aber zwischendurch beim Aufstieg auf den ersten Pass durch knietiefen Schnee schwelgte eher die Angst mit, ob wir es überhaupt bis zum Ziel schaffen. Wenn ich mir die Frage stelle, wie gut wohl die Bergrettung auf Mallorca organisiert ist, ist die „Kacke“ für gewöhnlich am dampfen… .
Allen Wanderern, die im Refugi Tossals Verds übernachtet haben, eint an diesem Morgen der Blick auf die Wetter-Apps. Viele haben schon gestern ihre Wanderung verkürzt und sind nun am Grübeln, wie sie ihre nächste organisieren. Geschlossen alle warten letztendlich bis zwölf Uhr, da die Wettervorhersage uns allen ein Schnippchen schlägt und trockenes Wetter vorgaukelt. Aber es regnet kontinuierlich weiter, also raffen wir uns schließlich vom warmen Feuer auf und beginnen unsere zweite nasse Wanderung. Im Nachhinein betrachtet, war das lange Warten sicher ein Fehler. Nachdem es fast zwei Tage wie aus Kübeln gegossen hat, haben sich bis Mittag die Flüsse extrem gefüllt und haben es uns sicher eher schwerer gemacht.
Wasser wohin man schaut
Vom Refugi Tossals Verds geht es zunächst zurück bis zum Abzweig zum Kloster Lluc. Da es zwei Varianten gibt und die östliche möglicherweise weniger dem Wind ausgesetzt ist, wählen wir diese. Irgendwie schwelgt in uns noch die Hoffnung, dass zumindest die Schuhe trocken bleiben. So ein Schwachsinn! Aber egal. Die Landschaft hat sich innerhalb ein paar Stunden im Vergleich zum Vortag schon erheblich geändert. Die Wege sind nicht nur nass, sondern uns fließt das Wasser noch mehr entgegen als am Vortag. Hier und da sprudelt das Wasser direkt aus dem Weg – Wahnsinn.
Selbst kleine Flüsse zu queren, erfordert jede Menge Improvisationstalent. Ein großer Stein, den wir ins Wasser werfen, um einen Tritt zu haben, ermöglicht es uns zumindest die ersten zwei Stunden einigermaßen trocken zu bleiben. Aber diese Flusslandschaft ist auch widerum sehr beeindruckend – wer hat Mallorca wohl schon mal so wasserreich gesehen?
Warum ich bei knapp über 0 Grad meine Schuhe auszog
Ich komme zwischendurch gar nicht mehr aus dem Staunen heraus. Der Torrent des Prat mag im Sommer vielleicht nicht mal Wasser führen, gestern war er dank einer Steinbrücke gut zu passieren und heute ist er ein reißender Strom. Der Torrent ist laut, rauscht in meinen Ohren und reißt alles mit sich, was nicht niet- und nagelfest ist. Während ich noch beeindruckt neben ihm herlaufe, wird mir auf einmal klar, dass wir da rüber müssen.
Die Steinbrocken sind nur noch zu erahnen, teilweise überflutet der Torrent sie bis zu 30 Zentimeter in rasender Geschwindigkeit. Mit offenen Mündern schauen wir uns dieses Spektakel an. Nach ein paar Schreckenssekunden siegt der Pragmatismus. Also, Schuhe aus und balancieren ist die Devise. Kein leichtes Unterfangen, wenn man die Wucht des eiskalten Wassers und die Rutschigkeit der Steine gar nicht einschätzen kann. Aber es geht besser als erwartet und danach sind wie bei einer Kneippkur die Füße wenigstens schön warm.
Lache, wenn es zum Weinen nicht reicht…
Wir erreichen viel zu spät den Abzweig in Richtung Kloster Lluc und verabschieden uns von zwei Mitwanderinnen, die es wie alle anderen Wanderer an diesem Tag halten und zurück zum Stausee Cuber (Bushaltestelle) gehen. Wir sind die einzigen, die weiter gehen. Warum? Wir haben uns nie die Frage gestellt, die Tour abzubrechen. Warum, wissen wir nicht. Also geht es munter weiter durch Flüsse und Bäche. Aber letztendlich hält auch der beste Wanderschuh nicht mehr dicht, wenn die Wanderwege zu Bachläufen werden. Statt „Folgen Sie dem Wegverlauf“ heißt es heute „Folgen Sie dem Bachlauf“ Aber es kommt noch viel besser.
Je höher wir auf dieser sonst so aussichtsreichen Tour steigen, desto mehr wird der Regen zu Schnee. Die Wege sind mit einer schönen Schneedecke überzogen und darunter fließt das Wasser. Kein Mensch hat uns den Gefallen getan, Fußstapfen darin zu hinterlassen, damit wir den Weg leichter finden. Also kämpfen wir uns – als einzige Idioten – durch.
Immer wieder sacken wir knietief ein und stehen knöchelhoch im Wasser. Wir haben unseren ersten Anstieg zum Coll des Prat noch nicht erreicht und langsam legen meine Muskeln ihr Veto ein. Es ist irre anstrengend, durch dieses Schneegestöber zu laufen. Ich weiß aber, dass es nach Erreichen des Passes einen weiteren gibt, den es zu überwinden gibt. Ich bin mir in diesem Moment nicht mehr sicher, ob wir es bis zum Kloster Lluc schaffen. Eigentlich wollte ich ja noch einen Abstecher zum höchsten begehbaren Berg, dem Puig de Massanella, machen… . Es steht nicht zur Diskussion und mit der Aussicht haben wir es auf dieser Tour auch nicht so.
Heiße Duschen im Kloster Lluc!
Wir kämpfen uns durch. Obwohl die Orientierung in diesem Schneegestöber recht schwerfällt, wird der Weg nach dem Erreichen des Coll des Prat etwas besser – wir haben nur noch knöchelhohen Schnee. Irgendwann hört es sogar auf zu regnen, aber das bekommen wir gar nicht mit. Es zählt nur noch das Ankommen. Und wirklich taucht nach einem langen Abstieg irgendwann das Kloster Lluc vor uns auf. Das Einzige was zählt: Wir haben es geschafft. Acht andere Bergwanderer an diesem Tag jedoch nicht. Sie müssen die Nacht in Eiseskälte verbringen und werden erst im Morgengrauen von den Bergrettern geborgen. Gut, dass uns das erspart geblieben ist.
Das war unsere Tour zum Kloster Lluc
Download: Etappe 7 von Tossals Verds zum Kloster Lluc
Übernachtung im Kloster Lluc
Die Zimmer im Kloster Lluc sind einfach, aber warm. Die Heizung schafft es bis zum nächsten Morgen fast alle unsere Sachen, inklusive Schuhe, zu trocknen. Und diese Duschen sind herrlich heiß! Es sind für uns die besten Duschen der Welt an diesem Abend. Als ich jedoch darunter steige, wundert sich meine Wanderpartnerin über die unterdrückten Schreie aus der Dusche. Sobald heißes Wasser an meine Oberschenkel kommt, brennt es wie Feuer. Die Haut ist feuerrot. Ich denke das ist Gefrierbrand . Gefrierbrand auf Mallorca – wer glaubt mir das schon? Ich verzichte aus Jugendschutzgründen an dieser Stelle besser auf ein Foto.
Wir bleiben direkt im Kloster Lluc zum Essen und bereuen diese Entscheidung keineswegs. Die Bedienung ist herrlich kodderich Norddeutsch, das Essen ist lecker und der Wein… . Und einen Absacker gibt es an diesem Abend gratis aufs Haus. Das haben wir uns verdient, ich nehme zwei. Ok, lügen darf man nicht. Ich nehme drei. Oder waren es doch vier?
Hier geht’s zum Kloster Lluc
3 Kommentare zu “Etappe 7: Tossals Verds – Kloster Lluc”
Danke für alles. Ohne euch hätten wir es so weit nicht geschafft. Selbst für uns war es absolut spektakulär – obwohl wir abgekürzt haben.
Vielen, vielen Dank nochmal!
LG
Alex
Danke Alex! Unsere Unterstützung war doch selbstverständlich – zwei so sympathische Mädels hätten wir doch nicht zurücklassen können! Diese Tour werden wir und ihr immer in Erinnerung behalten, ist doch schön ein Teil davon zu sein 😉
Hi Romy, bin gerade auf deinen Blog gestoßen, weil ich gestern bei brütender Hitze eine Wanderung auf deiner 7. Etappe gemacht habe. Wenn man Mallorca nur im Frühling und kennt kann man sich diese Schneewanderung nur sehr schwer vorstellen, echt krass!!!
Kleine Anmerkung: als höchsten begehbaren Berg würde ich mit 1398 Metern den Penyal des Migdas nennen, den ich letztes Jahr bestiegen habe. Der liegt etwas südlich vom Puig Major und dürfte noch ein paar Meter höher sein als der Massanella.
Das tut der Sache aber absolut keinen Abbruch, dein Bericht ist echt super und schön zu lesen!